Hören Sie mal! Die Musik ist so vielfältig wie nie.

Ich mag keine Hörbücher aus dem gleichen Grund, aus dem ich keine Podcasts mag. Nicht nur, dass mir die Möglichkeit fehlt, solche unterwegs anzuhören (und in der Kleinstadt, in der ich wohne, dauern Busfahrten selten lang genug), auch lese ich Bücher und Blogs lieber selbst.
Da mir bei einem eigenen Eintrag die Betonung für bestenfalls einen einzelnen Satz gefiele, hake ich Podcasting als Trend ab und schüttele den Kopf über den ein oder anderen, in den ich zu Anfang hörte. Mit der Bitte, der Blogger möge bei der Schriftlichkeit bleiben, entsetze ich mich über Menschen, die sich einen Hesse auf CD anhören und verstehen wollen.
Ich weiß vom Vater eines Freundes, der seine weit über eintausend Objekte umfassende Tonträgersammlung erst digitalisierte und dann verkaufte. Das ist wie das Einscannen oder Eintauschen der Bücher gegen Audioliteratur: unmöglich.
Ein Anderer, den ich letztens besuchte, traf ich beim Lernen, im Hintergrund die Geschichten aus Tausendundeiner Nacht. Auf meine entgeistert wirkende Frage, wie man bitte lernen und zuhören kann, erklärte er, dies sei die zweite Wiederholung, er höre alles fünfmal. Tauschen mag ich weder mit seinen „Lese“-Gewohnheiten noch seinem akademischen Erfolg.

In der Informatik sitze ich gewöhnlich zwischen Zweien: Einem wahnhaften Büchersammler und Einem, der Literatur der Belletristik als Textdatei auf seinem Laptop liest.

Ein Blick ins Paradies…

Mädchen stehen nicht auf nette Kerle. Was viele Männer als Mythos abstempeln, um nicht vollends zu verzweifeln, ist ein pandemieähnliches Problem für Menschen wie mich. Wenn Don Alphonso jetzt behauptet, „Wer weniger als 2.000 Bücher hat, kriegt doch keinen ordentlichen Geschlechtspartner“, bleibt zu fragen: Wie?

Eine Gruppe, die typischerweise weniger als zweitausend Bücher im Regal stehen hat – meistens für die Allgemeinheit uninteressante Sonderausgaben von The Art of Computer Programming – bilden die Informatiker. In den Vorlesungen des Fachbereichs sitzen mitunter normale Menschen, wenn allerdings abends ein Vortrag angesiedelt ist, den eine Dozentin der Theoretischen Informatik hält, ist das Auditorium ein konzentriertes Gemisch genannter Gruppe. So war es wenig verwunderlich, dass sich kaum weibliche Zuhörerschaft einfand, lediglich ein Student überredete seine Freundin, eine Nicht-Informatikerin, die – als der Vortrag die Ankündigung „auch für fachfremde Personen“ Lügen strafte – mit ihrer Fassung rang. Dem Kommilitonen wünsche ich, dass sein Buchbestand weit unter zweitausend Bänden liegt.

Auch ich brachte einen Freund, der zwar Informatik studierte, vor langer Zeit aber wechselte. Er beugte sich nach einer halben Stunde herüber: „Ich bin kuriert.“

Dreißig Bibeln machen fromm

Schön waren die Zeiten.
Normalerweise bin ich kein Mensch, der alten Tagen nachtrauert; sollte das dennoch phasenweise vorkommen, hat das bestimmt einen guten Grund, eignet sich aber nicht als Leitmotiv für mein Leben.

Als wir gestern in der Frankfurt Batschkapp vor der Bühne standen, sehnte ich mich allerdings in die alten Zeiten zurück, in denen man die Band noch auf direktem Wege und nicht nur durch diese kümmerlichen Displays der hochgehaltenen Digitalkameras und Multimediahandys sehen konnte. Spätestens seitdem die Hersteller eine Videoaufnahmefunktion integriert haben, nerven die Dinger auf Konzerten wirklich.
Ich, der auch mit Konzertfotos nie viel anfangen konnte, stelle mir die Frage nach dem Sinn der briefmarkengroßen Videoschnipsel mit grauenhaftem Ton. Zum Konservieren des abendlichen Eindrucks sind sie ebenso unbrauchbar wie zum Überzeugen von Freunden, und ein Konzert in der Erinnerung Revue passieren zu lassen, stellt sich mir reizvoller dar, als meine Phantasie mit dem Entschlüsseln des nicht erkennbaren Pixelbreis auszulasten.

Dass eine Fotomöglichkeit dennoch praktisch sein kann, habe allerdings auch ich erkannt. Ein paar lohnenswerte Bilder wären nie zustande gekommen (na nuuna na?), auch eignet sich diese Funktion für das Archivieren von Öffnungszeiten oder sonstigen öffentlichen Informationen, die ich allzu gern vergesse.
Für die mir stets fremd gebliebene Videofunktion gibt es allerdings auch begeistert angenommene Anwendungsszenarien. Warum also sollte sich nicht auch irgendwer Konzerte im Handy ansehen?

verstehen

Ich dachte, ich hätte alles gesehen. Zumindest bin ich davon ausgegangen, dass sich manche Ereignisse nie wiederholen.
Diesmal liegt der Auswurf direkt vor der Tür und ich überlege ernsthaft, ob man nicht ein Schild anbringen sollte, dass sich zwei Häuser weiter ein Bistro befindet. Meine Gasse ist so trostlos, dass mir die Pflanzen wegsterben. Von meiner dreistämmigen Palme hat nur einer überlebt. Eine andere reckt ihre braunen Blätter gen Fenster und auf dem Herd steht der Efeu unter Wasser, um die Kurve zu bekommen.
Ich bin auch krank.

Mir kommt alles wie großer Quatsch vor.

Unsere Preise 2006

Irgendwann passen einem die Trainingsjacken nicht mehr, sagte ich, als er mich auf meinen vermeintlichen Vorsatz für dieses Jahr und auf den neuen Mantel ansprach. Irgendwann wächst man heraus und merkt, dass mit manch neuem Pullover unbekannte Erwartungen mitschwingen: Nie habe ich mich im Café Trauma unwohler gefühlt, als beim grandiosen „Den Rest regelt die Natur“ Tour-Auftakt von SMAAT (der ersten Boygroup der Poetry Slam-Geschichte) am Samstag. Vielleicht lag das aber auch an Menschen, die ohne Hemmungen während der Lesung telefonierten oder an dem alten „Korporierte unerwünscht“-Schild, das genau über einem Zettel „Wir dulden keine Diskriminierung“ an der Eingangstür hängt.
Vielleicht wird mir auch das Trauma zu klein, in dem ich noch vor ein paar Jahren mitgearbeitet hätte.

Seit ebenso vielen Jahren besitze ich meine Schreibtischleuchte, eine dimmbare Halogenlampe. Vorher habe ich nie eine Halogenlampe in Verbindung mit einem stufenlosen Dimmer gesehen und vor vielen Monaten entdeckte ich den guten Grund in einer unablässig brummenden Birne. In gedimmten Stufen sehr laut, bei voller Helligkeit noch immer deutlich hörbar, was ein konzentriertes Arbeiten unmöglich macht.
Heute habe ich mich endgültig gegen die Bankers Lamp entschieden, sie passt nicht hier herein. Stattdessen habe ich bei ebay zwei Modelle mit normalen Leuchtmitteln gekauft, eines für den Schreib-, das andere für den Nachttisch. Es fällt mir leichter, mich von meinem fiependen Sondermodell als von T-Shirts zu trennen.
Es sei denn, jemand hat Interesse an einer hässlichen, schwarzen, brummenden Lampe.

Erfüllungsort + Lieferbedingung

Die nasse Hand greift sich die Brille, beim letzten Blick in die Spiegel denke ich: Die Gothik-Szene ist nach einem Frisierunfall entstanden! werfe mir das Hemd über die Schultern und putze die Gläser für das letzte Gefecht.
Manchmal vermisse ich die Stiefel, wenn ich mit den Turnschuhen über das nasse Pflaster rutsche (wie oft konnte ich mich erst im letzten Moment fangen), empfinde Solidarität mit meinem durchrosteten Auspuff und freue mich doch ein bisschen auf morgen. Und übermorgen.

Früher habe ich Weihnachten gemocht. Die Jahre danach war es grausam, doch seit letztem Jahr ist eine Besserung in Sicht. Und später wirds vielleicht wie früher.

Sich zu gleichen ist auch eine Gleichung

Unbarmherzig hämmert die Uhr ihr Stakkato in die Welt wie seinerzeit die Römer die Vernunft ins Volk.
„Wer wird denn hier nicht christlich sein?“ sagte er und „Hier wird Sonntags nicht gearbeitet.“ Draußen fällt die Sonne auf den Schnee und das Thermometer in tiefste Tiefen, ich blicke aus dem Fenster und spiele an Tür Achtzehn des Adventskalenders.

Das Jahr ist vorbei, machen wir uns nichts vor. Nächste Woche stellt keine Anforderungen mehr, die BWLer meiner Uni wünschten sich schon am Freitag schöne Ferien. Der Rückblick ist nüchtern, ungleicher ist man geworden. Seit zwei Jahren schreibe ich das in meinen Abschlussbericht, doch nie war es treffender.

Eine formidable Zeit zum Sterben, wird behauptet. Früher war die Weihnachtszeit etwas Schönes. Und ich will die Hoffnung nicht aufgegeben, dass sie später wieder so wird, in einigen paar Jahren.
Die Hoffnung stirbt zuletzt. Auch an Weihnachten.

Momente des Glücks

Tee dieser Sorte, gesüßt mit einem Löffel meines neuen Honigs, dampft aus der Weihnachtstasse in meine Nase. Als Abschluss des Ausflugs in die Höhle des Löwen, die sich zu diesem Datum über die gesamte Innenstadt erstreckt.

Wie dumm von mir, in einer Bücherei nach Geschenken zu suchen. Das Ergebnis stand von vornherein fest und harrte der Verifikation. Da ich nicht alles, was mir in den Sinn kam, auch tatsächlich kaufte, blieb die Geschenkequote mit fünfundzwanzig Prozent im vertretbaren Bereich.

An den Gängen stapeln sich Bücher, die man sowieso immer lesen (oder zumindest besitzen) wollte, sie drängen sich quasi zurück ins sprichwörtliche Sichtfeld, aus dem man sie verlor. Aus den Augen, aus den Sinn. Trotz Ausflug in die Bücherwelt lässt sich auch die Amazon-Wunschliste nicht nennenswert zusammenkürzen.
Denn gerade Buchläden bieten, was Amazon nicht schafft: Sie bringen neue, unbekannte Bücher in den persönlichen Wahrnehmungsbereich. Da lag Erich Frieds Mein Heldenzeitalter und sollte mir die unbekannten Seiten des Dichters nahebringen. Ich weiß nicht einmal seine bekannten, hielt diesen Ansatz für einen wundervollen.

Coffeinum N 0,2 g (Wirkstoff: Coffein wasserfrei)

Es lebe der Atheismus! schreit es ein paar Plätze neben mir, als wir im Seminar über Manets Erschießung Kaiser Maximilians von Mexiko reden und die Dozentin eine Parallele zu Anordnung der Delinquenten mit der biblischen Kreuzigungsszene herzustellen versucht.
Mit Es lebe er Atheismus! wird jede Argumentation der Dozentin jäh abgewürgt, es ginge hier nicht um Glauben sondern um Wissen. Es lebe der Atheismus!

Eigentlich wollte ich noch über nichtgeleerte und randvolle Mülltonnen schreiben, die erst in zwei Wochen wieder geholt werden und über die Post, die es nicht geschafft hat, in den letzten beiden Tagen zu kommen, wo ich mal zu Hause war. In den nächsten beiden, wo ich bestenfalls abends zu Hause bin, werden sich die Pakete bei den Nachbarn stapeln. Hoffentlich dort und nicht beim Postamt.

Aber wenigstens wirken die Koffeintabletten.
Werde ich je ein Mitarbeiterführungsbuch herausbringen, steht auf dem ersten Platz meiner „Wie motiviere ich richtig?“-Liste Wer schläft, macht etwas verkehrt.

Es lebe der Atavismus!