EIN GEBUESCH!

Als heute morgen beim Weckanruf für Christian mein Telefon stumm blieb, ahnte ich noch nichts Böses. Der Wackelkontakt im Kabel war bekannt und ließ sich immer durch feinfühliges Schütteln und Schieben beseitigen. Nicht so heute. Der Gesprächspartner kann mich zwar hören, aber der Lautsprecher im Hörer bleibt stumm, und so muss ich jeden Anrufer blind (besser: taub) darum zu bitten, es auf meinem Handy erneut zu versuchen. Bisher klappte das auch ganz gut.
Selten kam mir eine Situation dermaßen ungelegen gelegen. Klar wollte ich schon immer ein schnurloses Telefon, nicht aber (und zwar schon gar nicht) zur Zeit – in diesen Wochen – in der ich mir sogar Geld vom Mund abspare. Jedenfalls war ich erstaunt, dass die Festnetztelefone mittlerweile auch den polyphonen Klingeltönen verhaftet sind. SMS oder gar MMS scheinen das Killerfeature für Heimtelefonie geworden zu sein, ungläubig stand ich vor einem Gigaset-Modell von Siemens mit integrierter Kamera. Bitte?

Allerdings habe ich vorhin der Pause des Spanisch-Kurses die Kamera meines Handys sehr zu schätzen gelernt – beziehungsweise die für Illumination der Umwelt zuständige LED. Während andere die Toiletten in den übrigen Etagen suchen mussten, konnte ich den Abort trotz defekter Beleuchtung nutzen. Himmlische Ruhe – ein Dank an moderne Kommunikationselektronik.

Für immer dein Feind

Die Menschen, die jetzt durch die Gassen laufen, die Augen verborgen hinter Sonnenbrillen oder stets nach unten gerichtet, sind der Kaffeesatz des vergangenen Abends. Bewohner meines Hauses, die mich erkennen, winken mir fröhlich „Guten Morgen“ entgegen. Gequält und wortkarg drehe ich den Kopf in Richtung Schaufenster.

Doch Du hattest Dich schon weggedreht und in ein Schaufenster geblickt
Ich bin in solchen Dingen nicht unbedingt geschickt

Ich hätte doch den Bus nehmen sollen! Nur schien mir dies eine zu waghalsige Aktion, ein flauer Magen und Schwindelgefühl vertragen sich nicht unbedingt mit öffentlichen Verkehrsmitteln und zusammengepferchten Menschen, vermutlich auch kleinen, die permanent nach Mama brüllen.
Ich hätte es wagen sollen. Die Empfindsamkeit kehrt zuerst in die Ohren zurück, kurz bevor diese Opfer ihrer Exponiertheit am Kopf werden. Denn Sommer sehn‘ ich herbei. Dann ginge es mir jetzt besser.
Bestimmt.

Macworld Keynote [upd.]

Es hätte so schön werden können…
Heute mittag war ich kurz arbeiten, danach fuhr ich zu einer Seminarbesprechung und nun sitze ich wieder auf der Arbeit, wollte nur „kurz“ eine neue SCSI-Platte ins Raid bauen. Der Umbau ging sehr schnell, allerdings benötigte Windows zum Formatieren etwa 100 Minuten (je Minute ein Prozent kommt tatsächlich ziemlich genau hin). Den ersten Durchgang brach es nach 100 Minuten (…) ab mit der Meldung „Die Formatierung konnte nicht abgeschlossen werden“. Nun habe ich das Raid-Array hardwaretechnisch etwas modifiziert und er formatiert je Minute etwa 10%. Ein gutes Zeichen, dafür ist der Bus weg, ich muss sowieso noch 40 Minuten warten.
Andi rief (völlig unerwartet, was mich noch glücklicher machte) an und fragte, ob wir zusammen etwas trinken gehen und uns über die letzten drei Wochen unterhalten wollten. „Später“ und ich rief, vertröstend auf 20 Uhr, zurück: Er sagte ab. Schade, aber toll: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. In Anbetracht der Tatsachen wäre 20 Uhr ebenfalls ins Wasser gefallen, was nicht tröstet, aber eine erneute Absage erspart.

Parallel habe ich die Keynote von Steve Jobs auf der Appleworld per Live-Ticker verfolgt. IT&W ist zusammengebrochen, aber MacNews und MacTechNews haben mitgebloggt. Kurz: Ich bin etwas enttäuscht. Das Thema Powerbook wurde komplett ausgespart, und eigentlich interessierte mich nichts anderes. Dafür zwei erwähnenswerte (Hardware-) Geräte:

Die Formatierung steht seit 10 Minuten bei 100%. Vergesst das gute Omen.

[edit 21:49] Soviel zu dem Omen. Habe gerade alles umschrauben müssen. Seit wann gehen Wechselrahmen kaputt? Und seit wann geht man vor Mitternacht nach Hause?

debian OS XP

Nach der Betriebssystemvorlesung war ich noch mit Knut und dessen Bruder im Coffee Bay. Als Coffee-to-go, Modewort und Getränk der Wahl, wurde ich heute an einen

dreifachen Cappucino mit Vanille-flavour und Schokostreuseln

herangeführt, der leider ebenso teuer wie lecker war. Selten ist mir etwas so Wirkungsvolles mit angenehmem Geschmack gepaart begegnet. Später saßen wir im Subway (in der vierten Etage, jedesmal muss ich schmunzeln) und redeten irgendwann über aktuelle (Computer-)Systemtechnologien. Interessant, wenn ein Windows-, ein OS-X- und ein Linuxbenutzer an einem Tisch sitzen. Irrationalerweise kam ich mir oft vor, als würde ich Windows ein Stück weit verteidigen. Und eigentlich habe ich solche Gespräche satt, aber mit Knut artet das nie wirklich in eine Diskussion aus und ist sowieso immer anders als das stupide „Windows ist scheiße“. Und darum stimmt das mit dem „Verteidigen“ nur bedingt, weil man in einer solchen Konstellation sachlichen Erfahrungsaustausch betreiben kann, was andernorts (und teilweise mit Studienkollegen) eben kaum möglich ist.
Jetzt sollte ich das Koffein im Blut noch sinnvoll nutzen.

(Mir fällt gerade auf, dass die Schrift wohl durchlaufen und blinken müsste, um meinen momentanen Zustand authentisch wiedergeben zu können)

deux mille cinq

Zweitausendfünf. Rewind.
Nachdem ich bis 19 Uhr gearbeitet hatte, war die Lust auf die Silvesterfeier bereits verflogen. Dafür ging mir auf die Nerven, dass man sich ausgerechnet bei mir treffen wollte, ein Entrinnen (oder der Versuch) also kaum möglich gewesen wäre. Wein stimmte mich um, als wir uns dann um Mitternacht auf dem Marktplatz fanden, war alles in bester Ordnung – Silvester hatte das erste mal seit langer Zeit einen sympathischen Charakter.
Später in der Waggonhalle das Treffen mit jemandem, der mir drei Stunden zuvor die erste eMail schrieb, war angenehm. Die Musik fiel mir nicht auf, dem Rest allerdings zu missfallen, weil wir wenig später ins KFZ umzogen. Hier wurde es spät und nachdem wir in einem Hinterhof auf den Fenstersimsen fast einschliefen, machten wir uns auf den Heimweg durch die mit aufgeweichten Knallkörperresten gesäumten Straßen.
Die letzten beiden Tage mag ich als den gelungenen Start ins Jahr sehen, als Einstimmung auf alles, was da kommen mag.
Hallo Zweitausendfünf.

Wenn der Postmann zweimal klingelt

Ich sitze gerade auf der Arbeit und während Windows sein neues Stripe-Set brechend langsam formatiert, bleiben mir ein paar Minuten, um mich einem Eintrag zu widmen. Das Wetter ist mittlerweile so trostlos, dass die Angst vor den Tagen „zwischen den Jahren“ nicht ganz unbegründet scheint. Die Tage werden auch angeblich wieder länger, sehe ich durch das Fenster erblicke ich tiefste Nacht, mit hoher Wahrscheinlichkeit Regen und Kälte. Viel unsympathischer kann das Wetter wahrlich nicht sein.

Meine „decibel audio“ T-Shirts sind mittlerweile eingetroffen, das Päckchen aus den USA hat fünf Wochen gebraucht und kostete 13,78 € Zollgebühr. Sagte mir der Postbote, der mich in der Minute zuvor aus der Dusche geholt hat und während ich zitternd in der Haustür stand, bekleidet mit einem Handtuch, versuchte er sich in Freundlichkeit: „Mein Mitleid hält sich in Grenzen.“ Dem folgte ein Nachmittag auf Deutschlands Autobahnen (Marburg – Magdeburg – Marburg) und zehn Minuten, nachdem ich zu Hause war, müde und bereits bettfertig, klingelte es wieder. Der Abend mit Doreen, Florian, Steffen und Markus war dennoch schön.

Gestern war Doreen da, wir schauten den zweiten Teil vom „Exorzisten“, heute abend vielleicht den dritten. Vorher, also nachher, Seminararbeit. Morgen möchte ich sie fertig haben. Energy Awareness.

Es gießt wie aus Kübeln

Ich habe heute jemanden getroffen, dessen erste Assoziation des Wortes „Paper“ ein wissenschaftliches Essay und kein Raucherutensil ist. Und auf die Aussage „Ich habe meine Papers im Zug liegen lassen“ würde er wohl „In meinen habe ich eben noch gelesen“ antworten. Sofern man denn auf Aussagen antworten mag, was gemeinhin nicht praktikabel ist. Ab und zu wird es allerdings tatsächlich von jemandem erwartet, Schweigen als Ablehnung gewertet und zum Gegenangriff ausgeholt…
Thomas. Ich traf ihn in Gießen, wir tranken Milchkaffee aus Gefäßen, die in Frankreich „bols“ heißen, und unterhielten uns über dies und jenes, hauptsächlich Dinge, von denen man spricht, wenn man drei Stunden Zeit und sich lange nicht gesehen hat.

Langsam beginne ich, den Zug als Fortbewegungsmittel nicht nur zu akzeptieren, sondern sogar zu bevorzugen. Das hat nur teilweise mit der Tatsache zu tun, dass mein Auto fünfzehn Busminuten entfernt steht, eben nicht mehr an den Lahnwiesen, von denen es wegen Überschwemmung bereits einmal fortgeschleppt wurde, sondern in der Straße vor Christians Wohnung. Weiterhin kann man die Fahrzeit im Zug viel besser als im Auto nutzen. So habe ich heute ein Paper (wissenschaftliches Essay) lesen können, während die Regionalbahn durch Friedelhausen zuckelte und sich Jugendliche mit Klingeltönen zu übertrumpfen suchten. Jamba freut sich ein Loch in den Bauch, mir stieß übel auf.
Die Straßen waren gefüllt, überfüllt von weihnachtsgansgeschwängerten Bäuchen. Wir liefen einmal den Seltersweg hinauf und die andere Seite hinunter, stoppten in einer Buchhandlung und dann erst wieder am Bahnhof. Ein toller Tag wars, die kürzere Rückfahrt (da Regionalexpress) schmökerte ich im Paper, während Friedelhausen an mir vorbeirauschte und ich im Dunkel das Leuchten der Mobiltelefone zu erkennen glaubte.

Die Glocke, sie donnert ein mächtiges Eins

Die erste Handlung heute morgen nach dem Aufstehen war den Griff der Badezimmertür abzureißen. Ich erwarte vom Tag nun (zurecht?) noch eine sagenhafte Wendung zum Guten.
Der Heilige Abend und der gestrige Weihnachtsfeiertag waren doch angenehm und schön, zwar habe ich mich bezüglich Kreativität nicht selbst übertroffen, doch schien alles in Ordnung zu sein, Freude und Freundlichkeit wurden vernommen, zur Kenntnis genommen, genossen. Bestens.

Gestern, vor dem Schlafen, wollte ich „kurz“ Heinrich Heines Deutschland, ein Wintermärchen lesen, habe mich in der Länge sehr verschätzt, es aber immerhin doch zu Ende gebracht, weil in der Süddeutschen ein sehr langer Bericht über Heine zu finden ist, den ich heute noch vor mir habe. Und seit der Dusche spukt mir ein Strophenteil von Goethes Totentanz durch den Kopf:

Das kommt nun dem Türmer so lächerlich vor;
da raunt ihm der Schalk, der Versucher, ins Ohr:
Geh! hole dir einen der Laken!

Dear Santa

„Und ihr wundert euch, dass es euch schlecht geht?“

Nur Scheiße. Die Läden verkaufen nur Scheiße! Getrennt werden Dosenblumen verkaufende Einzelhändler durch leerstehende, die Flanierenden angähnende Verkaufslokale. In Marburg gastiert in einem solchen Geschäft bis Freitag der Woanders-Laden. Handgearbeitete Einzelstücke und Schränke zu unbezahlbaren Preisen. Was somit keine brauchbare Alternative zu Dosenblumen ist. Erwähnenswert wären noch die in der Oberstadt verstreuten Antiquariate, vom Publikum gemieden wie das Weihwasser vom Teufel. Ein komplettes Konversationslexikon aus dem Jahre 1897 kostet dort aber EUR 600,-. Weiterhin musste ich (erneut) feststellen, dass der alte Geruch von Büchern oft als „Gestank“ abgetan wird, was zur Akzeptanz nicht beiträgt.

Zwischen den Jahren werde ich arbeiten, was die Tage erträglich werden lässt. Silvester verbringe ich mit Freunden hier, worauf ich mich mehr freue als auf das „Frohes Neues“ im IRC vor einem Jahr. Und Zweitausendfünf, ja, wird sowieso wieder alles besser. Wie jedes Jahr.

Santa Monica

Jeder braucht Hobbys. Also habe ich mir ein neues zugelegt: Kochen. Jedenfalls könnte man das denken, weil die vergangenen vier Tage nicht ohne auskamen. Jetzt gilt es Fuß zu fassen auf dem unbekannten Gebiet der Zutaten, manche Zufallszusammenstellung schmeckt famos. Heute habe ich mich bereits das erste mal um den Faktor zwei verschätzt – bei einem Reisgericht (wie sollte es anders sein). In den nächsten Tagen fällt das Kochen aus. Es gibt Reis, Baby.

Die Schlange vor der Post hatte eine Länge von knapp 50 Metern. Ein Punkt mehr für meine „Warum ich Weihnachten hasse“-Liste. Neben der chronischen Überfüllung der Fußgängerzone ist diese Zeit gnadenlos gegenüber Menschen, die ihre Entscheidung vor dem Kauf überdenken wollen. Zweimal hat es mich bereits getroffen, die nächsten Tage bin ich schlauer, wenn ich mit meinem Reis-Bauch durch die Straßen rolle. Und während ein Freund an weißen Sandstränden vom Weihnachtsmann träumt.

Gestern war Marburger Abend, der zweihundertundfünfte. Streckenweise kaum auszuhalten, Volker hat entgegen seiner Ankündigung doch gelesen, weil irgendwelche Mädchen Videoaufnahmen machten. Lars und Peter lasen ebenfalls, womit die zweite Hälfte der Veranstaltung wesentlich angenehmer als deren erste war.