Waltzing around insane

We have collected some stones and some wood
and will build a house up here

Seine Beerdigung war am Freitag in dieser norwegischen Stadt. Abends widmet der Freund ihm sein Konzert, ihr umarmt euch länger als nötig. Es zeigt, dass die Dinge dort anders liegen als hier.
Obwohl du ihn nicht kanntest, mochtest du ihn. Seit Freitag laufen seine Alben auf heavy rotation, er schafft wieder, was vielen anderen nicht gelingt.
Nicht das einzige, was bleibt.

Then we will invite you home
and offer you some wine

— St. Thomas – Waltzing around insane

Plötzlich fällt dir wie Schuppen von den Augen, warum du zugfahren so liebst:
Der einzige Ort der Welt, an dem der Platz neben dir für jemanden reserviert zu sein scheint.

Das muss ich haben, das will ich haben

Als wir damals über Konsum sprachen, ich schon deinen Satz im Ohr «Wer wandert, braucht nur, was er tragen kann», hast du noch immer über meine Tassen gelacht, die mittlerweile in Kisten auf Dachböden wohnen und von mir erst dann benutzt werden, wenn ich alt bin. Du kannst nicht verstehen, dass meine Buch- und Tonträgersammlung immer weiter wächst und bist in guter Gesellschaft.Nobody is perfect
Ich sehe die Problematik, ich ziehe deswegen nicht gern um, es ist viel, das Zimmer ist voll und mit jedem Umzug räume ich weitere Kisten auf die Speicher; Kisten, die ich nie öffnen werde. Kisten, von denen ich mich trennen könnte, ohne etwas zu vermissen. Kisten, die man verschenken sollte.

Als ich dir erzählte, ich hätte einen halben VW-Bus in meiner Stereoanlage versenkt, da hast du wieder gegrinst. Und dann ernst geschaut.
Zeitgleich fielen wir uns gegenseitig ins Wort:

«Aber das ist etwas anderes.»

In unmittelbarer Ferne

995er Tief über Island
Und ich häng zu Hause
Fotos an die Wand

Wenn es mir gut geht, schreibe ich über Sonne, geht es mir schlecht, schreibe ich über Regen. Mich zieht es zum Wasser, ich liebe den Hafen, ich liebe die Bahnhöfe und ich liebe die Züge.

Draußen scheint die Sonne, drinnen singt eine Norwegerin ruhige Lieder, davor sitzt jemand und arbeitet. Es ist Freitag, ein Wochenende steht vor der Tür, auf das sich jemand sehr freut. Die Welt getaucht in harmonisches Licht, irgendwo draußen fährt irgendwo irgendjemand herum, dem diese Lieder gelten, dem diese Musik gilt, dem die Bilder im Kopf von jemandem gehören, der jemandem Post-Its an die Wände geklebt hat, die heute noch hängen, die in einhundert Jahren noch hängen.
In geschichtsschwangeren Häusern, in denen sie sich umarmten.

725 Stufen steig ich täglich
Beim Versuch zu vergessen
Scheitere ich kläglich

Sportfreunde Stiller – 995tief über Island

Der Tag an dem wir uns «we gonna live forever» auf die Oberschenkel tätowierten

Warum wir uns irgendwann nannten, wie wir uns nannten, daran kann ich mich nicht mehr erinnern. Auch nicht mehr an die Peinlichkeit, die uns die Wirbelsäule heraufgekrochen sein muss, als wir in der Vorweihnachtszeit des Jahres Neunzehnhundertsechsundneunzig Flyer mit dem Aufdruck «Analdiät wünscht frohe Weihnachten» in der schon damals ausgestorbenen Fußgängerzone unserer kleinen Stadt verteilten.

Natürlich nannten wir uns selbst Punks, und irgendwann kam wer mit caress. als neuem Namensvorschlag. Wahrscheinlich aus Unwissenheit von der Bedeutung dieses Wortes stand es wenig später auf den üblichen selbstcollagierten Plakaten, die Konzerte in Häusern der Jugend oder heruntergekommenen Diskotheken des Landkreises ankündigen. Schnell war klar, dass wir damit nicht durchkommen würden, sehr bald pflegte ich Nachfragen bezüglich der Übersetzung mit einer möglichst coolen Handbewegung Richtung Schlagzeug und einem bereits im Gehen hervorgebrachten «Frag mal Dennis» zu beantworten.

Heute denke ich mir keine Namen mehr aus für Bands, die ich nie haben werde. Aber heute singe ich jede Nacht Lieder auf meiner inneren Bühne.
Und manchmal schreibe ich Texte über uns beide, in denen wir alles überleben.

Sicheres Auftreten bei vollständiger Ahnungslosigkeit

Weiße Flecken an senffarbenen Wänden. Gutaussehende junge Menschen in gutaussehenden Hosen.
Elektromusik illuminiert den Raum, es flackern Gespräche, jeder hängt an seinem Glas Sekt und erzählt, dass der Tod im Detail eines der schönsten Bilder sei.

Wir steigen um, bestellen Bier, dir war klar, dass ich Hamburger Schule spiele; du weißt, sie bedeutet mir was dir die Bilder sind.
Es ist deine Vernissage und r spielen die Musik.

Wir sind die üblichen Verdächtigen.
Und ziemlich gut gekleidet.
Denn hier spielt die Musik.

Campus Invasion

Das soll kein Bericht über die Campus Invasion am Samstag sein, derer langweilige gibt es einige von irgendwelchen Mixtapebabes. Die glatt und fälschlicherweise behaupten

Christoph und ich

Stimmung: im Mittelblock meistens gut, an den Seiten eher lahm

Stimmt nicht, Frau Babe: Wir hatten Spaß und rockten die Flanken. Und drehten Juli-Musikvideos im Vormonat:

Später dann Mando Diao, deren angebliche neunzig Minuten mir vorkamen wir bestenfalls zwanzig «da vorne im Pit», deren Songs mich kaum interessierten und die ich nicht kannte.

Und wenn das langweilig und blöde klingt, dann täuscht das. Tocotronic waren da. Und Jamie T. Und haben genau das Gegenteil von Mando Diao geschafft: Mich positiv überrascht.
An Maximo Park kann ich mich leider nicht erinnern.

Cathleen und ichClaudia, Cathleen und ich

Dann auf einer Party in der Unterführung stranden, die genauso in Berlin hätte stattfinden können. Bei der die Musik scheiße, das Ambiente aber prima war.

Und so verschwand ich mit den Bildern

Tom Liwa - Ich & Ich

Und sah wie auf die Dächer gegenüber
der erste Regenschauer fiel
Ich legte mein Schreibzeug beiseite
um nichts zu verpassen

Der Freund sagt, er könne nicht mehr. Und alles, was dir einfällt: «Gib nicht auf». Kurz vorher hast du gemerkt, dass es lange nicht mehr funktioniert mit dir und der Musik. Er sagt, es funktioniere nicht mehr mit ihm und der Musik. Und alles, was dir einfällt, an dem auch du dich festhältst, klingt wenig hoffnungsvoll. Als wäre man müde.

Fernweh nach Hamburg bei Liedern über Berlin. Es gibt keine zweitausend Orte, an denen du jetzt lieber wärst, auch das war mal anders. Du legst den Kopfhörer beiseite, nach drei Stunden bist du nicht über das erste Lied hinausgekommen. Auch das war mal anders.
Heavy Rotation ist keine Bewegung nach vorn. Und morgen versuchst du’s nochmal.
Jedenfalls ich drücke Daumen.

Ich sagte zum Spiegel
Schlag ein, mein Freund, schlag ein
Wir wollten niemals solche Idioten sein

(Tom Liwa)

Deep into Music

Ich habe in den letzten Tagen einige komische Erfahrungen gemacht:

  • Wie ein Vater, der sich für die Tochter den Freund wünscht, den die Tochter nicht haben möchte
  • Englisch zu denken, weil man die ganze Zeit englisch gesprochen hat
  • Jemanden nach drei Treffen zu mögen, dass der Abschied wehmütig ist und man außer einem »nice to meet you« nicht mehr viel herausbekommt und dem Schwur, wenn man irgendwann komme: »I’ll be there«.

An so einem Abend kann man nur Belle & Sebastian hören.

Blumfeld ein älterer Junggeselle…

Als du das letzte mal in Hamburg gewesen bist – gleichzeitig das erste mal, an das du dich erinnern kannst – hieß die Station deiner Gastgeberin und dir »Schanzenviertel«.

Thomas Bernhard - Wittgensteins Neffe

Der typische Poptourist, der du bist, kauftest du unter anderem die noch immer aktuelle Platte von Blumfeld. Wenig später hast du das Meer gerochen und kannst nun bei jedem Lied die Melancholie spüren, an der nicht allein die Stadt Schuld trägt.
Poptourist, der du bist, fängst du bereits jetzt mit dem Anlegen der Devolutionaliensammlung an. Erwähnt ein hervorragender Text Dinge, besitzt du sie bereits am nächsten Tag; mindestens jeden zweiten drehen sich Blumfeld-CDs in deinem Spieler, in deinem Zimmer herrscht Sturmflut.
Blumfeld trennen sich.