A Minor Place

Traumlos wälzen, weil die schlimmsten Träume für die Bedienung der Psychosen gerade nicht ausreichen. Dein lachendes Gesicht, als ich koffeingeschwängert »Plane mich ein« sage. Dein (wahrscheinlich) lachendes Gesicht beim Hinausgehen – könnte ich Gedanken lesen, müsste ich mir nicht nur einreden, dass du dich über meinen Übermut kaputtlachst.

Lese-Nacht & After-Theater-Party
Waggonhalle Marburg
Samstag, 1. Dezember, 23 Uhr

cemetery road

Ein Nebel liegt über der Stadt.

Siehst du die Löcher in den Schuhen?

Wattig eingepackt kommst du durch den Tag und die Nacht. Tagsüber Arbeit, danach was man nachts eben so macht. Und Flucht. Angst hast du nur vor dem, was dich beruhigt.
In zwei Wochen trennen sich Leben. Deins weiß es, das andere ahnt es bestimmt.

Und wenn alles vorbei ist,
geht wieder alles von vorne los.

Ein Nebel liegt über der Stadt.

Liebe blaue graue Nacht

Ich habe heute ein Buch verschenkt. Ich verschenke in der Regel ausschließlich Bücher, von denen ich selbst begeistert bin oder war, und wie so häufig konnte ich mich bei diesem nicht an den Grund der Begeisterung erinnern – das kann ich auffallend selten, es ist auch keineswegs auf Literatur beschränkt; ich habe Bandnamen im Kopf, denen das Attribut «hörenswert» anhaftet, eine Assoziation mit Liedern fehlt jedoch vollständig.

Mit dem Buch wünschte ich eine ähnliche Freude, die ich damals hatte. Mir schien diese Formulierung die beste, war es doch in guter Erinnerung geblieben. Als ich vor zwei Stunden mein Exemplar aufschlug um die Geschichten wachzurufen, erschien der ausgesprochene Wunsch überaus unpassend. Das Buch macht seinem Namen alle Ehre, allein die ersten beiden Geschichten vernichten den Abend. Natürlich geht es um Liebe.

Damals hat alles gepasst. Ich glaube, damals war ich noch traurig.
Und eine wunderbare Stelle fehlt in den neuen Auflagen des Buches, die einzige, die einlädt zum Schmunzeln.

Kurzes Zwischenspiel…
…über das Thema Sparen: Ein Wort, zwei Sliben, sechs Buchstaben – welcher Klang! […]
Das ist «sparen». Es steht auch im Wörterbuch vor «Vermögen» und «Wohlstand».

(Wolfgang Borchert)

Lotte in Weimar

Ich hatte es in der Hand und vor meinem geistigen Auge sehe ich den dunkelbraunen Reclam-Einband, wie er für die Ausgaben der Jahrhundertwende typisch war. Und in altdeutschen Lettern steht dort: »Lotte in Weimar«.

Thomas Mann - Tolle in Weimar

Dachte ich. Und schaute nach. So riss ich ein Reclam-Bändchen nach dem anderen aus dem Regal – nicht nur die dunkelbraunen – doch erst beim Schiller machte sich der Verdacht breit, dass ich Goethe nicht einfach falsch einsortiert habe.
Die Gesamtausgabe des Geheimrats steht im anderen Regal und hat zehn Bände. Und ein unheimlich schlechtes Inhaltsverzeichnis. Fünf Minuten später meine ich zu glauben, warum sie bei ebay seinerzeit nur zwei Euro gekostet hat. Zuzüglich Versand. Weinrot. Ähnlich dem Reclam-Einband und mit goldenen Lettern am unteren Buchrücken: Weltbild Verlag.
Darüber habe ich mich damals schon geärgert. Auch für zwei Euro.

»Lotte in Weimar« ist von Mann.
Es hat keinen dunkelbraunen Einband; es ist nicht einmal von Reclam.
»Lotte in Weimar« war teurer als die Gesamtausgabe von Goethe.
Zuzüglich Versand.

Buchmesse (II)

  • Guido Westerwelle auf der Buchmesse, von dem mir nur sein Personenschutz in Erinnerung bleib, weil er selbst so schnell vorbeilief.
  • Wolfgang Clement auf der Buchmesse, in einer Diskussionsrunde. Niemand kann so gelangweilt schauen wie er. Um was es ging, war in fünf Minuten nicht rauszukriegen.
  • Helmut Markwort auf der Buchmesse, am Focus-Stand auf einer Sitzgruppe lümmelnd, umringt von Kameras. Schnell weiter.
  • Wolf von Lojewski auf der Buchmesse, am Stand der Süddeutschen Zeitung. Ich hatte eine gute halbe Stunde Zeit, dem Gespräch «Autoren treffen Journalisten» zu lauschen. War interessant.
  • Katharina Borchert auf der Buchmesse, glaube ich. Weder kenne ich sie persönlich noch sonderlich viele Fotos von ihr, aber die Person am Kaffeestand in Halle 4.1 könnte sie durchaus gewesen sein. Wäre dann kleiner als ich dachte.
  • Yala Pierenkemper auf der Buchmesse, die zufällige Begegnung, über die ich mich mit Abstand am meisten gefreut habe. Sieht ihrer Mutter gar nicht ähnlich, ist aber trotzdem nett (die Mutter). Note to self: Nächstes mal mehr Komplimente in der Halle, nicht nachgeschoben per ICQ.

Die Grenzen des guten Geschmacks

Diese Gedichte, dachte ich mir immer, sind wirklich schlecht. Warum tun Menschen sich das an? Besser: Warum tun Menschen so etwas überhaupt und sind sich dann nicht einmal zu schade, ihren Namen unter diese »Werke« zu setzen.
Wenn ich etwas Peinliches im Fernsehen entdecke, muss ich wegsehen oder umschalten. Aus dem gleichen Grund habe ich nur hin und wieder einen Blick in die Rubrik »Grüße« der Lokal-Postille meines Heimatortes geworfen, doch jedes Mal entdeckte ich ein lyrisches Kleinod wie

Kaum zu glauben, aber wahr
die Elisabeth Krause aus Bellersdorf wird heut‘ 80 Jahr‘!

Entrinnen, indem ich fortan nur überregionale Tageszeitungen las, konnte ich ihnen nicht. Heute entdeckte ich ein zwei Gedichte in anderen Blogs, die damit nicht nur sofort von meiner Blogroll flogen, sondern sich auch Gemeinheit am Menschen vorwerfen lassen müssen.
Welcher Arbeitgeber verlangt bitte von seinen Mitarbeitern, sich in der Öffentlichkeit derart zu blamieren? Er hat entweder kein Herz oder einen verdammt miesen Geschmack.

Der Scherz-Verlag gehört zur Fischer-Verlagsgruppe [Update 2]

Schlechte Bücher (im Sinne von Fehlerhaftigkeit) machen mich rasend. Ich befinde mich im dreizehnten Kapitel des gestern erwähnten und dieses setzt allem die Krone auf. Ob die dümmlich wirren Sätze dem Übersetzer – Charlotte Lyne – oder dem Lektorat des Verlags anzulasten sind, sei dahingestellt. Dort heißt es

[…] XSAN, ein Netzwerk-System des Speicherzeitalters. […] [Es handelt sich um ein] Diskettenspeichersystem für Firmen.

Dieser hanebüchene Unfug wird begleitet von sich ständig im Text findenden Anführungszeichen, denen das Gegenstück abhanden gekommen ist. Auf Seite 353 beginnt sogar eine Zeile mit Datenmüll, der an ein defektes Dokument einer bekannten Textverarbeitungssoftware erinnert.

„,4>

Die Möglichkeit zum Erstellen einer kompletten Mängelliste habe ich verpasst und freiwillig fasse ich das Buch in naher Zukunft nicht wieder an. Aber, lieber Verlag, es gibt keine Software namens iMovies und iWorks. In einem Buch, das diesen Bereich mehr als tangiert, darf das nicht passieren. Genau wie die Vernichtung des Sinns mit dem Übersetzen der Überschrift: „Der »näXTe« Schritt“.
Sechs, setzen. Viel Glück bei den nächsten Auflagen.

[Update: Der »Leserbrief«]

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich habe mir vor einiger Zeit das im Scherz-Verlag erschienene Buch „Steve Jobs – und die Geschichte eines außergewöhnlichen Unternehmens“ gekauft und muss jetzt, nach dem Lesen, leider sagen, dass es jenes Buch der letzten Jahre gewesen ist, welches mir am wenigsten Spaß bereitet hat.
Der Grund ist eine Mischung aus inhaltlicher Ungenauigkeit und einem scheinbar schlecht arbeitenden Lektorat – ein Buch mit derart vielen Orthographiefehlern ist nicht nur für den Preis von fast zwanzig Euro eine Enttäuschung.
Derart zahlreiche Anführungszeichen lassen ihren Gegenpart vermissen, auf Seite 353 anschließend ein wirklich grober Schnitzer beim Druck: Eine Zeile beginnt mit „,4>.

Inhaltlich schlägt Kapitel 13, das ironischerweise „Showtime“ heißt, dem Fass den Boden aus. Auf Seite 420 heißt es „Und dann kam der iPod Nation.“ Faktisch gibt es ein solches Modell nicht, dass hier aber kein Musik-Player gemeint (und der Artikel darum falsch) ist, wird allerdings erst sechs Seiten später deutlich; es wird die iPod-Nation beschrieben als ein Universum aus Zubehör.
Im Gegensatz zu den Geräte- und Programmnamen (die großteils falsch sind – „iWorks“ und „iMovies“ gibt es nicht, die Programme heißen „iWork“ und „iMovie“), ist der Begriff „iPod-Nation“ keineswegs so verbreitet und als bekannt vorauszusetzen.

Bezeichnend ist der herausstechende Fehler schon im Inhaltsverzeichnis. Die (Übersetzung der) Überschrift des Kapitels 5 (Der »näXTe« Schritt) ist geradezu sinnraubend, hier sollte man am Wort »NeXT« (Der »NeXTe« Schritt) tunlich nichts ändern. Einem Lektor mit Hintergrundwissen (das Buch richtet sich an all jene Apple-Begeisterte, die sich mit der Geschichte des Gründers oftmals näher befasst haben) muss dieser Schnitzer auffallen.

Leider habe ich verpasst, eine „Mängelliste“ anzufertigen, dies sollte allerdings auch nicht den Lesern zugemutet werden.
Ich hoffe, sie nehmen das Buch genauer unter die Lupe und werden in der nächsten Auflage diese Fehler beseitigt haben.

Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Niels Fallenbeck

Alle Seitenangaben beziehen sich auf die erste Auflage der deutschen Version.

[Update 2: Die Antwort]
Die Fischer Verlage antworteten mit einer freundlichen eMail und räumten ein, dass einige beim Druck unter den Tisch fielen, was natürlich sehr ärgerlich sei.
Die Absenderin war um Schadensbegrenzung bemüht und bietet mir die im Mai 2007 erscheinende Taschenbuchausgabe als Entschädigung.

Diese Mail hat mich heute sehr gefreut.

Wir besteigen den Mount McMüll

»Macht kleine geile Firmen auf« sang irgendwann Funny van Dannen.
Lust hätte ich, es fehlt nur die Geschäftsidee. Mit einem Hausmeisterservice für Server will ich mein Geld nicht auf Dauer verdienen. Und Webdesigner (sic!) gibt es auch an jeder Ecke, obwohl HTML für mich den gleichen Spaß bringt wie das Streichen einer Decke. Eine weitere No-Go-Area ist die Entwicklung von Software mit grafischer Oberfläche. Doch glaube ich zu wissen, wann Software funktioniert und wann nicht.
Wie wäre es mit Visionär?

Ich lese gerade ein schlecht übersetztes, mit inhaltlichen und Rechtschreibfehlern durchsetztes Buch über Steve Jobs und ärgere mich über ein Schriftbild, wie man es sonst nur in der Marburger Neuen Zeitung findet. Der Verlag heißt Scherz.

Und ich mache mir Gedanken um eine Geschäftsidee…

(Der Titel dieses Eintrags entstammt dem Lied Synapsentennis von Fleischbrei.)

Warum die Blogosphäre mehr ist als tumbe Selbstbeweihräucherung

Als wir heute morgen auf die Lahnberge fuhren, versuchte mich der Freund mit dem Vorwurf, Blogs würden lediglich aus Gründen der Selbstprofilierung und -präsentation geschrieben, zu einer angeregten Diskussion hinzureißen.

Private Blogs dienen selbstverständlich zu einem gewissen Maße der Selbstdarstellung, wie allerdings auch ein Gang in die lokale Einkaufsstraße oder ein Besuch beim Friseur. Für diese Blogs wird oftmals der Grund der Zuhörerschaft durch die Leser bei Problemen ausgekramt und es mag sein, dass sie manchem den Psychiater ersetzen. Sie gehen für viele einher mit dem Beigeschmack des »fishing for compliments« und manchem geht es nach einer Portion Mitleid tatsächlich besser.
Weiterhin gibt es Weblogs wie jene eines bekannten A-List-Bloggers, die allein für die Leserschaft schreiben. Auch meines sollte dieser Kategorie zugeordnet werden. Sie dienen nicht weniger der Selbstdarstellung und ich freue mich über jeden Kommentar und jede Spitze in der Grafik der Besucherzahlen. Das absolut Faszinierende ist allerdings das Netzwerk, das sie dahinter aufspannen und die Erreichbarkeit von Ressourcen, die vor wenigen Jahren noch verborgen geblieben wären: Heute erreichte mich ein Kommentar von einem SXF zum Eintrag Als wir träumten.

In meiner Diplomprüfung im Nebenfach Medienwissenschaften lasse ich mich auch über den Bereich »Kommunikation in den neuen Medien« prüfen. Die Dozentin brachte im Vorgespräch die Blogosphäre ins Gespräch und wunderte sich, was deren Reiz ausmachen würde und deren Präsenz im Kommunikationsdiskurs. Auf diese Frage und ihren Satz »vielleicht bin ich einfach zu alt« konnte ich spontan nichts erwidern.
Heute wüsste ich eine Antwort.