Altes Gasthaus Love

Mit dem Rücken zu mir: ihr.
Gehend aufs Eis dieses Sees, auf den ich blicke, euch nach, das Felsmassiv am anderen Ufer an,
doch vor allem: Euch nach.

Als du dich umdrehst – ich weiß nicht warum – lächle ich bereits, glücklich allein, euch nach,
doch vor allem: Dir nach.

Am Fuße der Felsen, die ich lange nicht sah,
auf der zugefrorenen Bucht schwarze Punkte, vielleicht ihr, ganz sicher egal.
Vom Kaffeehaus (lesend) schau ich euch an
umringt von Menschen (essend und trinkend), die ich kaum verstehen kann.

Ein Hund nüstert draußen in den staubigen Schnee,
ich sitze drin bei Kaffee und Tee
und habe, wenn man mich fragt, was ich macht‘ sagend
»Glücklich den Urlaub verbracht«.

Zwischen uns etliche Jahre und genau so wie’s ist, so ist es gut.
Ein langer Weg war es bis zu diesem Satz,
der Monate in Anspruch genommen hat.

Wir wissen die Komplimente zu deuten, die man sich morgens zu Tagesbeginn macht,
wir wissen (uns manchmal umarmend sagend), dass man sich noch eine Ewigkeit hat.

Wie Raupen die Straßen planieren Hamburger Lieder die Welt:

»Endlich einmal etwas, das länger als vier Jahre hält.«

T

Ich wollte mir heut etwas wünschen,
doch die Wimper flog einfach nicht weg.
Jetzt frage ich mich an dich denkend
war das nun Glück oder Pech?

Ich hatte nie in meinem Leben
eine größere Muse als dich.
Jetzt frage ich mich an dich denkend
war das nun Glück oder Pech?

Du bist ein seltsames Mädchen

Wir haben tatsächlich geschrien. Doch nein, wir hätten schreien sollen, uns die Seele aus dem Leib und gegen die Ungerechtigkeit in der Welt. Jeder andere hätte wohl gefragt »Warum?«, dass ich diese Frage nicht auf den Lippen und über die Lippen gebracht hatte, überrascht mich selbst. Ich sage stattdessen »Viel Glück« und meine es zum ersten Mal in meinem Leben ernst.

television

Weißt du noch als ich dir erzählte, wie sich das anfühlt, wenn man sein Auto verkauft, wenn man sich von seinem Mitbewohner trennt, wenn man die alte Wohnung und einen großen Teil des alten Lebens hinter sich lässt?
Es ist wieder dieses Gefühl. Eine Niederlage befreit. Doch: Ist es eine Niederlage oder tatsächlich ein Sieg?
Denn es ist ein gutes Gefühl zu sagen, wir kennen uns noch in zehn Jahren.

Als mir die alte Freundin gestern sagte, man würde immer hoffen, dass man der einzige für jemanden sei, habe ich ihr noch beigepflichtet als sie schloss mit den Worten »Eine dämliche, grundfalsche Annahme«.

Die Freiheit ist ein wundersames Tier
und manche Menschen haben Angst vor ihr

— Georg Danzer – Die Freiheit

Wenn du lachst gehen drei Sonnen auf

Die Mitbewohnerin schenkt mir eine Hose jener Art, die ich seit Monaten liebe. Die anderen lachen, freuen sich gemeinsam über den vorangegangenen Abend, jetzt, wo man Zeit findet, sich darüber auszutauschen. Der Wert dieser Wohnung ist unermesslich, wir sind glücklich, ich lege die Platte auf während sie fragen

»Ist er es?«.

Er war da.

Ob sie das auch kennen, einen Menschen, der den Tag herumreißt, herausreißt? Der anruft und sagt »Ich brauche dringend Kaffee« und »Wisch‘ dir gefälligst die Nacht aus dem Gesicht, in fünf Minuten werde ich da sein!« Als er geht, läuft eine CD, bei der ich den regnenden Wolken ins Gesicht lache und frage, was sie denn wollen.

Träume von Freiheit, ich beneide und habe eine Ahnung, wie sich das anfühlt, hatte die Ahnung schon am Morgen um neun, als der Regen auf den Dachpfannen platzt und gegen die Dachfenster schlägt. Ohne zu wissen wo er schläft, schließe ich die Augen mit dem Geräusch im Ohr, das er jetzt hören muss.

Sie klingelt mich aus dem Schlaf, bestenfalls drei Minuten, die enden mit

»Wir schreien morgen.«

Ein Lidschlag, ein Schnitt

Dass Briefe wieder wichtig werden, merkt man, wenn man sie vor dem Versenden noch einmal Korrektur liest.

Wenn man im Jazz-Keller sitzt, zum erste Mal in den mittlerweile sieben Jahren, neben Einem, dem es so gehen muss wie dem Protagonisten deiner Texte, wenn dich der Jazz gedanklich in Großstädte trägt und dein Nebenan fragt, warum man sich ausgerechnet hier trifft,

wenn später der Nachtregen auf das Dachfenster trommelt über dem Bett,
die Musik das Gefühl von der einsamen Freiheit nicht mitnehmen konnte (wohin auch immer sie ging),
dir beim Lidschlag Personen im Dunkeln erscheinen,

dann sollte man Briefe an diese
noch einmal lesen
zum Schluss.

Alles wird irgendwann irgendwie gut

Deine Gedanken faszinieren mich, deine Ansichten und dein entspannter Umgang mit »dem da draußen«. Dein Optimismus, wenn du sagst, die Welt habe keine andere Wahl als gut zu werden.

spelled backwards

Ich beneide dich manchmal um deine Wochenenden, jetzt auch um deinen Mittwoch. Stuck in Time singen Magdalena aus dem Radiogerät. Sich selbst zu bemitleiden ist einfacher als sich aufzuzwängen
– dieses Gefühl schwingt mit und beschreibt, wie ich mich fühle.
Auch dort, nicht nur hier.

Jeder deiner Satz klingt okay, nur wenn ihn jemand anders sagt, tut es weh.

— Foto: FOUND Magazine

For Fun And Profit

Ich sitze im Bus und lese mit,
nicht weil ich will, sondern weil ich muss.

Morgen steht vor der Tür, vor dem ich einen Monat zuvor noch Angst hatte, für den ich mir übermorgen Zeit nehme. Zu Hause, was kann schon passieren? Und diesen Preis – das weißt du – bin ich bereit zu zahlen: Dann tut’s eben weh, mit dir zu sein.

Mir wird in letzter Zeit immer schlecht
beim Busfahren.

Der Horizont ist weiter

Das erste mal seit über zwei Monaten suche ich mir Bekleidung aus dem Kleiderschrank wieder nach Katzenhaarkompatibilität zusammen. In ziemlich genau vier Stunden stehe ich ihm gegenüber und werde extrem empfangen; totale Abneigung gegen abgöttische Freude.
Wie würde ich an seiner Stelle reagieren? Weggegeben, abgeschoben, umgezogen, wie hat er unsere Trennung im Gedächtnis?

Ich trage vergessenes Spielzeug nach, nehme auf den Arm, drücke, sage »siehst du?«.
Und habe das Gefühl
beim Selbstgespräch erwischt.

Ich denke an dich.

Es ist alles in Ordnung

Alex sagte "Messermongo"

Ich fühle mich, als hätte ich den ganzen Tag geweint.

Es ist das körperliche Gefühl der Ausgelaugtheit. Gestern erst habe ich gedacht, dass Weinen befreiend wirkt. Und gemerkt, dass ich es lang nicht mehr kann.

Vielleicht liegt es an fehlenden Gründen oder der Einwattiertheit jener Tage.
Vorher saßen wir zusammen und haben über Leben geredet, andere Worte mit L und Ziele in fünfhundert Tagen. Irgendwann hat er gesagt, man sähe an meinen Augen, dass ich begann zu beenden. Und ich habe gedacht, damit hat es sicher zu tun.

Denn heute war’s schön.
Und ich fühle mich, als hätte ich den ganzen Tag geweint.

Hauptsache ist

Gleiten durch diesige Landschaften, man muss schon raten, dass die Sonne keinen Zug nach Amsterdam genommen und der Welt den Rücken gekehrt hat. An der Scheibe hinterlässt der Regen Tränen, die sofort wieder trocknen. Die Welt weint, während du glücklich bist unterwegs in die Hauptstadt, manchmal glaubst du dich als einzigen mit dem Wissen, dass die Sonne nie untergeht und stets irgendwo scheint. Das mag in Amsterdam sein, denkst du und lauschst jener Hamburger Band, die du lange aus den Augen verloren hattest.

Deshalb komm‘ ich Dich besuchen
Ich mach‘ es nicht freiwillig
Aber ich komm‘ Dich besuchen
Ich komm‘ dich besuchen
Ich komm‘ dich besuchen
Auf jeden Fall werd‘ ich’s versuchen

— Tocotronic – Hauptsache ist

Immer wenn Kante von Berlin singen, bekommst du Fernweh nach Hamburg.
Du hast nie mit dem Gedanken gespielt und du weißt, dass auch Berlin nur für eine Nacht ist. Du weiterreisen wirst, weil die Sonne irgendwo anders aus dem Zug steigt.
So lange fährst du dem Regen hinterher.