Der Feind in meinem Bett

Jetzt doch eine Nachricht aus dem Bett. ich übe mich in Ignoranz gegenüber der müffelnden Tastatur und habe meinen Teil der Seminararbeit (abgesehen von Kleinigkeiten) in trockenen Tüchern.
Das sich mir stellende Problem ist das Fehlen des Programms Keynote. Zwei Möglichkeiten bieten sich an: Ich suche mir in den nicht gerade zahlreichen, mir bekannten Apple-Benutzern jemanden, der mir Keynote ausleihen kann oder ich kaufe mir das brandneue iWork 05, obwohl ich keinen eigenen Mac besitze. Für die letzte Methode spricht das ebenso neue Keynote 2, dagegen (abgesehen vom schon Genannten) die lange Lieferzeit, so dass Keynote erst kurz vor der Präsentation – wenn überhaupt – hier aufschlägt. Nein, diese Alternative scheidet aus.

Gestern gab es eine Open-Air-Kino-Veranstaltung auf dem Marktplatz. Ab 20 Uhr lief in stilvoller Glühweinhüttenathmosphäre „Die Feuerzangenbowle“, vorher „Emil und die Detektive“. Es war bitterkalt und den Kindern (hoffentlich) die Möglichkeit genommen, sich mit Glühwein zu wärmen. Selbst wenn ich Zeit gehabt hätte, wäre ich wohl in der warmen Stube geblieben. Dabei ist es Jahre her, dass ich den Film mit Heinz Rühmann gesehen habe. Ich kann mich nicht einmal ansatzweise an die Handlung erinnern. Nur der Pfeiffer – mit drei f – ist mir im Gedächtnis.

Morgen findet die Oberbürgermeisterwahl Marburgs statt. Ich bin nächste Woche zu einer Veranstaltung des Open-Source Referats des AStA Marburg eingeladen. Die Möglichkeit eines Vortrags bietet sich hier ständig und vielleicht werde ich mich im nächsten Semester in der ein oder anderen Weise einbringen.

Herr der Ringe

Der schönste Augenblick während des Kochens ist der erste Moment der Zwiebeln im heißen Öl. Ich achte stets darauf, die Zwiebelringe als erstes und allein in das Öl zu bugsieren, um den Geruch nicht durch anderes Gemüse verfälschen zu lassen. Als Verehrer der roten Speisezwiebel nasche ich bei den Vorbereitungen auch die eine oder andere rohe Scheibe. Der Geruch, den die Haut noch Tage später abgibt, ist sehr angenehm. In der Uni oder öffentlichen Verkehrsmitteln kann man die Finger aneinanderreiben und sich während einer unauffälligen Handbewegung mit dem Geruch verwöhnen. Ihr solltet darauf achten, wie viele Menschen die Finger reiben!

Wie wir eben festgestellt haben, orientiert sich Adam Green musikalisch mittlerweile an Torfrock und literarisch offenbar an Hugo Ball. Doch, das neue Album ist toll und das Buch auf dem Wunschzettel.

Fin de siècle

„Ich hatte heute nacht einen Traum.“
Die Frau mir gegenüber scheint, obwohl sie über Krankheit und Arbeit klagt, ein großes Mitteilungsbedürfnis zu haben. Jedenfalls dieser Satz kommt nahezu euphorisch aus ihrem Mund und ich bin froh, dass sie bereits einen Gesprächspartner gefunden hat. Unwillkürlich lauschend vertiefe ich mich wieder in mein Papier und überlege, warum die meisten Menschen eigentlich nur nachts träumen. Damit meine ich keine Tagträume, die jenen im Schlaf zum Verwechseln ähneln. Sondern das „Zusammenspinnen“ – wie es mir immer vorgeworfen wird – von Zukunftssituationen, Visionen also. Anders: Ich müsste wohl fragen, warum man von den passiven Träumen erzählt und die aktiven unter den Tisch fallen lässt. Vielleicht, weil man als Reaktion erntet:
„Hör auf zu spinnen.“

Gestern habe ich den Windowcolor-Stern aus meinem Portemonnaie entfernt, der mich jahrelang an die Zeit mit Katja und Burkhard im Buntspecht erinnert (und diesen überlebt) hat. Ich wollte ihn in mein neues Portemonnaie kleben, als er mir beim Lösen riss. Dort ist kein Platz für Splitter.

Hair News Magazine

Es gibt – das konnte ich mir bestätigen – wenig schöneres als, morgens zwar vom Telefon aus dem Bett gerissen, sich wenig später bei Kaffee in einem Friseurladen zu finden, die Haare gewaschen und anschließend geschnitten zu bekommen.
Das Bild, was jeder im Kopf hat, wenn es um Friseursalons geht, also die Gruppen älterer Damen, die Neuigkeiten aus dem unmittelbaren Bereich rings um ebenjenen Laden austauschen, bestätigt sich auch in modern eingerichteten Läden einer Studentenstadt. Zwar finde diese Unterhaltung mit Zugezogenen nicht statt (wegen des Fehlens notwendiger intimer Kenntnisse), die aus Geschäftsführern, Lokalprominenten und klassischen „Tratschweibern“ zusammengesetzte Restklientel allerdings tauscht sich den Angaben meiner Friseuse zufolge ausgiebig und engagiert aus.
Morgens um 9 allerdings ist der Laden leer, der Kaffee frisch, alles liegt in einer entpannenden Ruhe und auf dem schmierigen nassen Kopfsteinpflaster rutschen die wenigen Passanten am Laden vorbei.

Wer die Band Jona noch nicht kennt, dem sei ihre Platte Teilen was du weißt ans Herz gelegt, wenn er denn auf die alten Tomte-Platten in langsam steht. Auch eine Ähnlichkeit zu Kettcar ist nicht von der Hand zu weisen.
Auf Empfehlung von Ingo habe ich mich in Joachim Lottmanns Die Jugend von heute hineingelesen. Bisher ein Vergnügen und nicht nur für Liebhaber der Popliteratur eine Empfehlung.

Die Partei hat immer Recht

Haben die Alten alle träumen verlernt? Oder liegt die sentimentale Stimmung und das Schweifen der Gedanken an der Vergangenheit? Die alte Aufnahme der sowjetischen Nationalhymne verbreitet etwa den Flair alter NS-Dokumentationen im Fernsehen. Es geht eigentlich gar nicht darum, dass es „rechts“ und „links“ so eigentlich nicht gibt (also schon, aber wer zu weit geht, kommt „drüben“ wieder an), es scheint als läge alles auf einem Kreis, oben – auf zwölf Uhr sozusagen – „die Mitte“, unten die extremen Positionen jeder Richtung auf sechs Uhr, die spätestens dort ineinander überfließen.
Ich war weder „kurz nach der Wende“ in den neuen Bundesländern, gewann aber in den vergangenen Jahren einen wahrscheinlich noch ganz guten Einblick in das Leben dort. Noch habe ich die gut dokumentierten 30er und 40er Jahre erlebt, auch nicht „das Wirtschaftswunder“ oder die Landung auf dem Mond. All das ist mir erspart geblieben.
Ein wichtiger Freund schätzt, dass schlimmere Zeiten erst anbrechen. An der deutschen Volksfront werden die Truppen bereits zusammengezogen. Die Antideutschen separieren munter in „Gut“ und „Schlecht“, während ein als rechtsextrem eingestufter Unteroffizier das mir gegenüber auf den Punkt bringt: „Eigentlich wollen wir das Gleiche. Wir haben beide etwas gegen den Staat.“

Home is where your Stereoanlage is

Die aktuelle CD von Ian Brown, Solarized, ist gigantisch. Als wir ihn auf einem Festival sahen vor zwei oder drei Jahren, war ich skeptisch. Zu britisch angehaucht ist mir Haldern Pop, als dass ich vor dem nächsten (mir unbekannten) Künstler keine Angst haben müsste. Aber Ian Brown fand ich damals schon toll, nur wusste ich nie, ob das an seiner Bühnenperformance lag oder an der Musik selbst.
Dudajim (von Tom Liwa) ist ebenfalls toll und wo wir gerade im Hebraischen (siehe hier) sind, kurz die Anmerkung:

Der Titel „Dudajim“ ist ein hebräisches Wort und bedeutet einerseits Alraune und im übertragenen Sinne „doppelte Liebe'“ und gemeint ist die Einheit aus personeller und universeller Liebe.

Und natürlich möchte ich jedem diese Platte empfehlen, der im Dezember nicht im Café Trauma war. Die anderen kaufen sie sowieso.

In der Vorlesung über Rechnernetze haben wir eine Schweigeminute (12 Uhr) eingelegt, um anschließend einen kurzen Ausflug (da wir gerade bei Übertragungstechniken waren) in den Amateurfunk zu machen. Wieder waren wohl einige Amateurfunker für „tausende von Menschen“ der einzige Kontakt zur Außenwelt.
Solch verhältnismäßig primitive Technik sei manchmal ausreichend, man müsse nicht unbedingt „bekloppte Videos über das Netz schicken“ und ich erinnere mich an die Bilder dutzender Leichen auf N24. Die Achtung vor privaten Fernsehanstalten habe ich schon Jahre zuvor verloren.

Jetzt wird es ernst: […] Der ADAC appelliert

Da ich Mitglied des „drittgrößte[n] Automobilclub[s] der Welt“ bin, wird mir monatlich das Vergnügen zuteil, „das aktuelle Clubmagazin“ lesen zu können. Das Wort Clubmagazin an sich klingt bereits wie der Titel des Sprachrohrs eines Automobilclubs, der seine Mitglieder überwiegend aus der Altersgruppe der Mittzwanziger rekrutiert und auf möglichst spektakuläre optische Fahrzeugveränderungen bedacht ist. Das jedenfalls ist der ADAC nicht.
Dennoch strotzt die Motorwelt vor Eigenwerbung und Selbstbeweihräucherung, dass es kaum auszuhalten ist. Wandert diese Papiersammlung regelmäßig in den Papierkorb, habe ich doch heute wieder einen kurzen Blick riskiert:

„500 ADAC-Mitglieder bei der exklusiven Vorpremiere des neuen Queen-Musicals“ (Seite 47)
„Dann nutzen Sie das Top-Angebot für ADAC-Mitglieder“ (Seite 46)
„‚Als der Anruf vom ADAC kam, haben wir uns wahnsinnig gefreut'“ (Seite 42)
„ADAC-Präsident Peter Meyer hatte viel Spaß beim Formel1-Rennsimulator, eine der Messe-Attraktionen des Clubs“ (Seite 74)

Weiterhin werden offenbar nur solche Redakteure eingestellt, die sich per Arbeitsvertrag verpflichten, die Abkürzung des Clubs mindestens zweimal je Seite zu verwenden. Kann man diese Zeitung nicht abbestellen?

Und wenn es mal ein paar Tage gut ist, ist es danach wieder zu kalt oder zu heiß. Von wegen: perfekt.

Schlafloses Wälzen sowie Hals- und Kopfschmerzen fassen die letzte Nacht gut zusammen. Nun Selbstersäufnis in Tee mit Karamel-Kandis.

  • Sich Silvester (siehe nächster Punkt) einen „guten Rutsch“ zu wünschen, ist gang und gäbe. Sich nachher über das „Hereinrutschen“ zu informieren, ebenfalls häufig praktiziert aber völliger Unfug.
    Im Hebräischen bezeichnet „Rosh Shana“ (Rosh: Kopf, Haupt; Shana: Jahr) den ersten Tag im Jahr, im Jiddischen wurde aus „Rosh“ über die Jahre „Rutsch“. Aber – endlich – Ruhe für die nächsten 11,5 Monate.
  • Sil|ves|ter das; -s, - : der letzte Tag des Jahres (31. Dezember)
    , die Bezeichnung für den letzten Tag im Jahr wird, anders als der Vorname Sylvester/Silvester, ausschließlich mit i geschrieben.
    © Duden - Die deutsche Rechtschreibung, 23. Aufl. Mannheim 2004 [CD-ROM]

    Im Ernst: Sylvester sieht noch dazu scheiße aus.

Der Titel ist – hervorgekramt aus meinem Gedächtnis – eine Zeile aus einem Text Peter Janickis.

Hifi Fragmente

Ich habe mir den Tag – zugegebenermaßen – anders vorgestellt.
Sitze gerade wieder auf der Arbeit und Windows…. na, das hatten wir ja gestern schon. Ich glaube nicht mal unbedingt, das Windows mir die Tage versaut, aber es könnte doch wenigstens ein bisschen schneller formatieren? Wenn ich an XFS oder ReiserFS unter Linux denke…

Doreen sitzt zu Hause mit einer angehenden Blasenentzündung, Christian weiß noch nicht, was und wo er heute abend sein wird, Lars fährt mit dem Hessen-Ticket durch unser Bundesland und will den ganzen Tag Schnaps trinken und ich, ich verliere langsam die Lust an dem ganzen Quatsch. Zugegeben, ich fand Silvester im letzten Jahr sehr grausam, das hatte aber nicht mit Alleinsein und dem Verbringen der Stunden im IRC zu tun. Ein bisschen vielleicht, den Tritt in die Magengegend hatte ich aber einem anderen Umstand zu verdanken. Letztlich würde ich es sehr angenehm finden, zu viert oder fünft bei einem Glas Wein aus dem Fenster zu sehen, Musik zu hören – es ist ja sowieso der gleiche Tag wie gestern. Ich wurde nämlich im Bus beinahe von einem kleineren Mann umgerannt, der Raketen und Silvesterknaller vor seinem Bauch umklammerte, die mindestens so viel gewogen haben müssen wie er selbst. Leider ebenso hoch waren, weshalb er sich einem Panzer gleich den Weg auf die letzte Sitzreihe des Busses bahnte. „Soll ich dir Feuer geben?“ Seine Freunde waren gut gelaunt.
Letztes Jahr war auch beim Blick aus dem Fenster recht unspektakulär. Das Feuerwerk fiel eher spärlich aus, aber und zu knallte es etwas lauter, was Leo allerdings nicht sonderlich beeindruckte. Alle Hunde, die ich kenne, werden am 31. Dezember panisch, Doreens Opa hat letztens bereits Schlaftabletten für Inka gesucht. Denke ich zurück an Dunja, kommen die Silvesterbilder ins Gedächtnis, in der sie unter der Treppe zitternd und flehend blickend in einem dunklen Eck lag, vor ihr ein Radio, was trotz sehr hoher Lautstärke das Donnern nicht vollständig zu kaschieren vermochte. Diese Erfahrung, die ich sehr früh als Kind gemacht habe, hat mich wohl dazu gebracht, in meinem bisherigen Leben noch nie Feuerwerkskörper gekauft zu haben.
In Marburg kleben Plakate mit der Aufschrift „Zeit, um selbst in die Luft zu gehen!“, Menschentrauben sammeln sich vor diesen. Das Bild (statt Pferd eine Rakete in eindeutiger Pose):

Durch mancherlei LiveJournal geistert zur Zeit umfangreiche Jahresbilanz und -rückblick. Dieses Jahr hatte ein paar wichtige Stationen. So viele Umzüge wie 2004 wünsche ich mir auch in Zukunft nicht, einschneidende und schöne Moment gab es ebenso wie Situationen, die man sich lieber erspart hätte. Aber ist das scheidende daher ein besonderes Jahr? Und wenn, dann eh jedes.
Auf ein Neues.

Es gießt wie aus Kübeln

Ich habe heute jemanden getroffen, dessen erste Assoziation des Wortes „Paper“ ein wissenschaftliches Essay und kein Raucherutensil ist. Und auf die Aussage „Ich habe meine Papers im Zug liegen lassen“ würde er wohl „In meinen habe ich eben noch gelesen“ antworten. Sofern man denn auf Aussagen antworten mag, was gemeinhin nicht praktikabel ist. Ab und zu wird es allerdings tatsächlich von jemandem erwartet, Schweigen als Ablehnung gewertet und zum Gegenangriff ausgeholt…
Thomas. Ich traf ihn in Gießen, wir tranken Milchkaffee aus Gefäßen, die in Frankreich „bols“ heißen, und unterhielten uns über dies und jenes, hauptsächlich Dinge, von denen man spricht, wenn man drei Stunden Zeit und sich lange nicht gesehen hat.

Langsam beginne ich, den Zug als Fortbewegungsmittel nicht nur zu akzeptieren, sondern sogar zu bevorzugen. Das hat nur teilweise mit der Tatsache zu tun, dass mein Auto fünfzehn Busminuten entfernt steht, eben nicht mehr an den Lahnwiesen, von denen es wegen Überschwemmung bereits einmal fortgeschleppt wurde, sondern in der Straße vor Christians Wohnung. Weiterhin kann man die Fahrzeit im Zug viel besser als im Auto nutzen. So habe ich heute ein Paper (wissenschaftliches Essay) lesen können, während die Regionalbahn durch Friedelhausen zuckelte und sich Jugendliche mit Klingeltönen zu übertrumpfen suchten. Jamba freut sich ein Loch in den Bauch, mir stieß übel auf.
Die Straßen waren gefüllt, überfüllt von weihnachtsgansgeschwängerten Bäuchen. Wir liefen einmal den Seltersweg hinauf und die andere Seite hinunter, stoppten in einer Buchhandlung und dann erst wieder am Bahnhof. Ein toller Tag wars, die kürzere Rückfahrt (da Regionalexpress) schmökerte ich im Paper, während Friedelhausen an mir vorbeirauschte und ich im Dunkel das Leuchten der Mobiltelefone zu erkennen glaubte.