Was sind denn schon bitte zwei Wochen?

Die Katze legt ihren Kopf zur Seite am Kopfende dieses Sofas und schaut gegen die Wand. Wir sind beide durch den Tag geschwommen, haben uns nicht viel zu erzählen, haben eben gelebt, sind nicht verhungert, haben die Welt mit eigenen Augen gesehen und suchen nun den ruhenden Punkt um zu entspannen.

Aufhören!

Und ich frage »Wie hälst du das aus?«
Zwölf Stunden Leben lassen altern wie vier ganze Jahre. Ich habe heute morgen Menschen weinen gesehen und mich ein bisschen geschämt, als ich das nicht konnte. Ich aß heute morgen zwei Brötchen, als andere nach Papiertüchern kramten. Hinter uns saßen unglückliche Menschen, als wir uns das letzte mal küssten. Du hast gewinkt und ich durch die Scheibe im verhangenen Himmel dein Lächeln erkannt.

Wir sind durch den Tag geschwommen im Fieberwahn
auf dieser Couch, auf der wir unsere Geschichten verschweigen.
Sie sagen von dir, du schaust nicht in Augen. Stolz wie du bist.

Und ich frage »Was sind denn schon bitte zwei Wochen?«
Die Antwort kennen wir beide.

Die schwarze Katze

Man verschränkt die Beine auf der neuen alten Couch.
Aus der letzten verbleibenden Box säuseln Mogwai in jenes Ohr, in dem es zuverlässig pfeift.
Hinter den geschlossenen Liedern träumt man von Hamburg und der Hamburger Band,
von den Worten des Sängers, der mit Wir könnten Freunde werden Schuld trägt
an einer vergangen Beziehung, die einem vorkommt wie gestern,
wie nie beendet, wie auf anderer Ebene fortgesetzt.
Und man verschränkt die Beine.

No!

Nebenan stapeln sich Bücher,
die schwarze Katze
sitzt im Flur
und starrt
in den Raum.

f: FOUND Magazine

Valentinstag

Es ist doch von Ende Oktober bis Mai
immer nur November.

I still love you

Die stille Verbündete sitzt schräg gegenüber, wir kennen uns nicht doch sind zusammen allein. Sie schließt die Augen oder schaut aus dem Fenster, wie es nur stille Verbündete tun. Sie wird ein paar Stationen früher aussteigen und sich wundern über wen, dem es gut geht, denn er kann wieder spüren.

Und es kommt mir so vor, als wenn dieses Jahr länger als zwölf Monate war
Januar, Februar, Maerz, April, Mai, Juni, Juli, August, September
Und gleich dreimal Oktober
November, Dezember

— Tocotronic – Dieses Jahr

Du kannst Adam und Eva sagen, ich werde aufpassen so gut ich kann

Was ist es, das einen besten Freund zu diesem macht oder den Lieblingsautoren. Warum bezeichnet einer eine Band als seine wichtigste, ohne sie jeden Tag, jede Woche oder jeden Monat zu hören?
Wenn ein bester Freund sagt, man müsse nicht ständig telefonieren, denkt man vielleicht an den Österreicher, dessen Bücher man ab und zu liest. Dann denkt man vielleicht an die Hamburger Band, deren Lieder man lange nicht hörte.

WG-Zimmer-Romantik

Man schätzt sie doch und würde keinen Moment zögern, sie als jene für sich Wichtigsten in ihrem Genre zu bezeichnen. Der beste Freund ist eine Million Kilometer entfernt, der Lieblingsautor lange gestorben und mit der Band seines Lebens trank man einst das letzte Glas Bier.

Ich singe, wenn andere vermuten, mir ginge es schlecht. Nachts draußen, am 24. Dezember, werde ich sagen »Mama, das ist alles nicht meins« und sie wird sagen »Ich weiß«.

Ich lebe mich durch eines der schönsten Leben,
mit den schönsten Songs Welt.

— Geigen bei Wonderful World – Tomte

Peace ist auch nur eine Droge

Wir sitzen in diesem Kunstcafé, an dem wir früher oft vorbeifuhren und dachten, man solle sich das vielleicht einmal anschauen. Durch die Fensterfront starren wir auf die nicht befahrene Straße, während der Regen die Bäume entlaubt. »Wie in Berlin« sagst du »in einer Ecke, in der gar nichts passiert.«

Ich sitze in diesen Redaktionsräumen, von denen ich früher oft träumte und dachte, man solle sich die vielleicht einmal anschauen. Ich habe in den letzten Stunden einige Menschen kennengelernt, die ich morgen nicht wiedersehen werde, weil ich mich in ein paar Stunden dazu entscheide, den Journalismus eben jenen sein zu lassen.

Dinge verlieren, geht man sie an. Das Tolle ist in der Wirklichkeit unspektakulär, wenig glamourös. Jemand hat gesagt, Phantasien bringen es einfach nicht. Vielleicht habe ich deswegen irgendwann aufgehört zu träumen.

Irgendwer schrieb:

Ich habe Heimweh.
Ich bin mir nur noch nicht sicher wohin…

Selektive Wahrnehmung

An meinen Füßen liegt die schwarze Katze, die ich mit Futter bestach.
Die wahrscheinlich nur dort liegt, weil ich sie mit Futter bestach.
Die mir genervt ins hustende Gesicht blickt
und sich abwendet mit dem ihr auf die Stirn geschriebenen Gedanken
»Bis zur nächsten Mahlzeit bleibe ich.«

Und natürlich bilde ich mir ein, dass sie das Schniefen und Röcheln genießt als regelmäßiges Geräusch. Sie meine Nähe sucht (wenigstens sie), weil sie gern bei mir ist. Selbst jetzt. Und zur Belohnung denke ich, dass es ihr, wenn ich wieder gesund bin, noch besser gefallen wird in Abwesenheit des Schniefens und Röchelns als regelmäßiges Geräusch.

Dass dieses Weib nur dort liegt, weil ich Herr bin über das beste Bio-Katzenfutter der Stadt,
daran denke ich nicht.

Alles wird irgendwann irgendwie gut

Deine Gedanken faszinieren mich, deine Ansichten und dein entspannter Umgang mit »dem da draußen«. Dein Optimismus, wenn du sagst, die Welt habe keine andere Wahl als gut zu werden.

spelled backwards

Ich beneide dich manchmal um deine Wochenenden, jetzt auch um deinen Mittwoch. Stuck in Time singen Magdalena aus dem Radiogerät. Sich selbst zu bemitleiden ist einfacher als sich aufzuzwängen
– dieses Gefühl schwingt mit und beschreibt, wie ich mich fühle.
Auch dort, nicht nur hier.

Jeder deiner Satz klingt okay, nur wenn ihn jemand anders sagt, tut es weh.

— Foto: FOUND Magazine

Julianastraat

Ein Bild flackert, in dem man sich sieht. Wie man sich immer sehen will, schreibt man ins Notizbuch, das man später in der Bahn verliert.

With care things will never change

Wir haben über Scheinprobleme gesprochen, wir haben sie durchdiskutiert, wir haben uns gegen sie entschieden. Wir haben über die Todesstrafe gesprochen, über Religion.
Wie oft musst du vor die Wand laufen bis der Himmel sich auftut? Seit es eine Stunde früher dunkel wird, schließen wir manchmal die Tür und machen uns unsere Gedanken, wir rufen uns an und erreichen uns nicht.

Wir schlittern, halten uns an Texten fest und Gitarren.
Wir schreien und nennen es Lieder.
Uns fehlen die Texte,
die Titel kennen wir schon.

— Foto: Caspar-Urban Weber

Marburger Abend

Und als ich sagte, daß ich geh
ich will dich nicht verlieren
und habe eingepackt
und zwischendurch lang und laut geheult
ich hab die Koffer zugemacht

Das muss irgendwann ein Ende haben, man kann nicht immer traurige Texte schreiben. Nicht nach Abenden wie diesem, links der Freund, dem man doch immer wieder über den Weg läuft jetzt, wo man nicht mehr nebeneinander wohnt. Und rechts: Du.
Wie immer, du findest Worte, an die ich nicht denke. Das ist’s wohl, werde ich sagen, Gedanken warum du der einzige bist, bei dem ich so fühle, werden mir in der Nacht den Schlaf rauben.
»Merkst du es???«

und jetzt in einer anderen Stadt
ich sitze neben mir und habe Angst
meine Freunde blieben bei dir
ich bin erschrocken und begeistert von dem Schmerz
ich hab die Koffer ausgepackt

— Go Plus – Hannover