Sonntag, halb eins.
Dass ich neuerdings schlafen kann wie ein Murmeltier, beunruhigt mich. Ich hätte um halb acht aufstehen sollen, als ich auf die Uhr schaute, mich wach fühlte und mir überlegte, dass es im Bett doch angenehm warm ist – und mich umdrehte.
Es ist kein gutes Vorzeichen, von sich selbst genervt beim Frühstück zu sitzen, vorher Brötchentüten tragend durch junge Familien, die ihren Sonntagsspaziergang absolvieren. Ein Spießrutenlauf vor meinem Gewissen.
Für die Brötchen das letzte Geld zusammengekratzt, der Instant-Kaffee ist alle, im Kühlschrank gähnende Leere, dem Appetit der langen Weile kann nichts angeboten werden, und so drücke ich mich – »echten« Kaffee kochend – vor der unangenehmen Aufgabe, die heute auf meiner To-Do-Liste steht.
Als ich vor ziemlich genau eineinhalb Jahren in die Oberstadt zog, hatte ich für die Sonntage einen anderen Plan: Ich sah mich kaffeetrinkend und zeitungslesend in einem der zahlreichen gemütlichen Cafés; ich wollte meine Literatur, die ich für Hausarbeiten brauchen würde, dort lesen. In der Mitte anderer Menschen und doch in einer beneidenswerten Privatheit.
In der Sonne. Ein französisches Gefühl.
Ich sitze am offenen Fenster, koche den Kaffee selbst und habe mit den Büchern nicht einmal angefangen.
The sky looks dead
Call my name
Through the cream
And I’ll hear you
Scream again
Black hole sun
Won’t you come
And wash away the rain
Black hole sun
Won’t you come
Won’t you come
es roch heut verdächtig nach Frühling zwischen Linden und der List.
Hoffen wir, der Schein trügt nicht.