• Ich würde nicht sagen, dass Steve Jobs in meinem Leben je eine ikonische Rolle über- oder eingenommen hat. Ich war zu jung, um seine erste Zeit bei Apple wirklich mitbekommen zu haben und 1997, als er das zweite Mal zu Apple kam, versuchte ich gerade, mit Linux glücklich zu werden.

    Letztlich hat es bis 2005 gedauert, bis ich, auch wegen vehemenden Schönredens durch einen meiner damaligen Hochschuldozenten – Hallo, Michael 👋 – ein bereits bei Erscheinen hoffnungslos langsames PowerBook mein Eigen nennen konnte. Ich ahnte damals die Schönheit der Komponenten, deren Behäbigkeit warf jedoch einen dunklen Schatten auf dieses Notebook, das irgendwo im Keller seinen Schlaf der Gerechten schläft.

    Ich erinnere mich, wie ich noch im Bett lag, als mir das wunderschöne Mädchen an jenem Morgen in 2011 erzählte, dass Steve Jobs gestorben ist. Aus irgendeinem Grund habe ich noch die Handelsblatt-Ausgabe dieses Tages in meinem Bücherregal und wünsche mir jenes Buch daneben, das ich nur digital besitze und das nur in einer sehr geringen Stückzahl als wirkliches Buch existiert.

    Handelsblatt vom 07./08. Oktober 2011

    In der Sonne bei einem Kaffee las ich heute einige Abschnitte daraus über Management, als mich ein Satz zurückwarf (oder nach vorn in die kommende Woche) in meine Realität und das Ringen und die Unzufriedenheit mit den Aufgaben meiner aktuellen Rolle.

    And what I found is that nobody in their right mind wants to be a manager. [Audience laughs.] It’s true. It’s a lot of work, and you don’t get to do the fun stuff. But the only good reason to be a manager is so some other bozo doesn’t be the manager – and ruin the group you care about.

    Das wird noch einige Kaffees auf diesem Balkon brauchen, bis ich weiß, was zu tun ist. Während man oft hört, dass Steve Jobs ein unangenehmer Vorgesetzter gewesen sein soll, werde ich qua Gnade (sowohl geographisch als auch zeitlich) entfernter Geburt allein seinem Optimismus gewahr, der aus den kurzen Kapiteln dieses Buches scheint.

    "Make what you love your work."

  • Ich spüre gerade das Bedürfnis (besser: die Notwendigkeit), Dinge zu vereinfachen und dadurch den „Mental Load“ zu verringern.

    Dies umfasst persönliche Geräte (Handy, Computer), die (Arbeits)Umgebung in der man sich aufhält, aber auch Dinge wie die eigene Garderobe: Nicht nachdenken zu müssen, was man anziehen sollte.

    Ich habe heute Dinge von meinem Schreibtisch geräumt, weil man sagt, dass ein aufgeräumtes Umfeld einen aufgeräumten Geist bedingt. Vielleicht ist das individuell wie das Wohlgefühl, das sich in einer aufgeräumten Umgebung einstellt: Auf meinem Computer habe ich alle Notifications deaktiviert, was dazu führt, dass ich erst Stunden später feststelle, eine Mail bekommen zu haben. Den zweiten Monitor habe ich abgeschlossen, die Idee dahinter ist einfach: Nur das sehen zu können, an dem ich gerade arbeite.

    Ich habe jedoch offene Baustellen, die es zu befrieden gilt:

    Ich sitze gerade wieder im Kaninchenbau der mechanischen Keyboards. Dies umfasst nicht nur das Neulernen des Schreibens auf einem ergonomischen Split-Keyboard, sondern auch die Umgewöhnung auf ein (für mich neues) Keyboard-Layout.

    Dann umtreibt mich die Idee, einige meiner Server auf ein anderes Betriebssystem umzuziehen – aus Gründen des Erkenntnisgewinns und um einen Kontrapunkt zu setzen gegen die überall sichtbar werdende Überkomplexität, in die sich andere stürzen.

    Oder: Armbanduhren (lies: Smartwatches und Sportuhren)! Soll ich die Sportuhr tragen, deren Bedienkonzept mir deutlich besser gefällt als der Touch-Mist, den heutzutage jeder Depp und sein Bruder verbauen? Leider hat letztgenannte Uhr die deutlich bessere Smartwatch-Funktionalität…

    In einem Interview mit Lex Fridman erzählte the Primeagen von seinem Ansatz, die Konfiguration seiner Arbeitsumgebung nur einmal im Jahr zu überarbeiten: Wenn ihn außerhalb dieser Zeit etwas stört, schreibt er diesen Punkt auf für das nächste Zeitfenster, das er sich einräumt, um Dinge zu ändern. Er wendet diese Idee auf seine Software-Tools an, für mich klingt dieser Ansatz generell wert, ausprobiert zu werden.

    Allein: Bin ich schon dort? Bin ich schon bereit, mit der heutigen Konfiguration das nächste Jahr zu verbringen?

    Ich muss aufpassen, nicht zu übertreiben und die Idee ad absurdum zu führen. Sonst ginge es mir wie meinem Freund, der in seinem Kalender keinen Termin für sein Zeitmanagement-Seminar findet.

  • Die kleine verschlafene Stadt an der Lahn, die bis zu ihrem Tod die Stadt meiner Mutter gewesen ist, gerät mir immer mehr in mein Leben.

    Ich bin nicht weit entfernt von Wetzlar aufgewachsen, ein paar Kilometer die Autobahn entlang in Richtung Norden. In meiner Kindheit war Wetzlar eine der beiden Städte, in die man zum Einkaufen fährt. Aufgrund seiner Größe wurde jedoch oftmals das nicht weit entfernte (und: deutlich weniger attraktive) Gießen bevorzugt.

    Die Stadt meiner Mutter wurde Wetzlar in den Jahren nach der Trennung meiner Eltern Ende der neunzehnhundertneunziger Jahre, als ich mein Abitur absolvierte und meinem Elternhaus den Rücken kehrte. In den Wirren des Lebens ging das von meinen Eltern gebaute Haus verloren und meine Mutter zog es in diese Stadt, in der sie schon viele Jahre arbeitete und, wie ich später erfuhr, hervorragend vernetzt gewesen sein muss.

    Den guten Jahren folgten zwei schreckliche. Sie erfüllte sich einen Traum, den sie zu kurz (er)leben konnte. Ich besuchte Wetzlar häufiger als jemals zuvor und dennoch trage ich heute dieses Gefühl: zu selten.

    Bevor diese Zeit begann, lebte ich nicht weit entfernt in Marburg, einer anderen Stadt an der Lahn, deren Stadtkerne sich ähneln. Marburg hat den Vorteil der zahlreichen Studenten, während die Wetzlarer Altstadt müde und leer scheint; wo in Marburg betrunkene Akademiker morgens um vier durch die Gassen schleichen, findet man in Wetzlar volltrunkene Hängengebliebene oder Schonimmerdortwohnende.

    Wir lebten unsere Leben parallel, haben selten telefoniert, uns deswegen entfremdet. Nicht absichtlich, doch das passiert, wenn man nur wenig aus seinem Leben teilt. Meine Mutter wusste mich in guten Händen: ich war niemand, um den sie sich jemals zu sorgen brauchte. Und ich gestand ihr das gleiche zu.

    Erst rückblickend wird mir klar, was ich in dieser Zeit für sie – als einziges Kind – gewesen bin, wie sie daran arbeitete, dass es mir (und schließlich meiner Familie) so gut gehen konnte wie jetzt. Sie hat sehr viel getan (heute bin ich unsicher: ertragen? vielleicht mehr für mich als für sich), das ich erst jetzt erkennen kann und das mich dankbarer werden lässt mit jedem Jahr. Ich habe ihr das nicht zeigen können zu Lebzeiten, doch hoffe, sie hat gewusst, dass ich dies in Zukunft verstehe. Ich unterstelle ihr: Vieles tat sie im Hinblick auf mich.

    Familie

    Mit der Stadt, in der ich aufwuchs, verbindet mich nichts mehr. Dort lebt niemand mehr, es lebt niemand mehr.

    In Marburg verbrachte ich zehn gute Jahre meines Lebens. Die Menschen, mit denen ich wohnte, halten Kontakt, wir sehen uns mit seltener Regelmäßigkeit. Ich bin Marburg sehr zugeneigt, weil ich tolle Geschichten erinnere und Freunschaften herumtrage aus dieser Zeit, einige der wichtigsten meines Lebens.

    Doch zu Wetzlar verspüre ich eine tiefere Bindung; noch nicht sehr lange, aber sie wird intensiver. Eine ererbte Verantwortung, die schwerer wird, wichtiger über die Zeit. Kurz vor ihrem Tod fragte mich meine Mutter, was ich plane. Ich sagte ihr ehrlich, das wisse ich nicht. Heute spüre ich das Bedürfnis intensiver denn je, diese Verbindung nicht abreißen zu lassen, so lange ich kann. Aus Dankbarkeit meiner Mutter gegenüber. Und für meine Töchter.

  • Wir sind nicht häufig hier in diesem kleinen Ort, der sich ins Tal duckt wie eine Katze auf Beutefang. Hier kommt man nicht zufällig hin, fast unsichtbar ist man für die Autofahrer, die jenseits des Nachbardorfs auf der Autobahn zwischen den beiden größeren Städten pendeln, die man von hier aus für den Wochenendeinkauf besucht.

    Ich habe zehn Jahre meines Lebens in der kleinen Studentenstadt verbracht, die man in etwa zwanzig Minuten erreicht. Doch auch zu dieser Zeit war ich nicht wirklich häufig in dieser Fachwerkidylle, in der sich die pittoresken Einfamilienhäuser an die Hauptstraße schmiegen, die am Dorfrand einen kleinen Bach überquert, der dieser Einöde seinen Namen verleiht.

    An Wochenendtagen bin ich stets der letzte, der aus dem Obergeschoss herunterkommt und von den anderen zum Frühstück erwartet wird. Hier hat alles seine Ordnung; auch wenn ich den ersten Kaffee des Tages lieber im Bett trinken würde ist dies eine Unmöglichkeit.

    Während ich mich am warmen Getränk festhalte, setzt die alte Maschine in der Küche zur zweiten Runde an, die mit meinem zweiten Kaffee viele Minuten später endet. Nicht zu spät, denn samstags stehen Besorgungen an: Eier vom Bauernhof am Ende der Straße (wie jeden Samstag), Honig vom Nachbarn am Dorfplatz (nur wenn wir hier sind). Und der Besuch bei jener alten Dame, die schräg gegenüber des kleinen Spielplatzes an der Brücke wohnt und die uns erwartet.

    Unser Besuch spricht sich herum.

    Ride

    Eine Reise zu einem Elternteil ist – neben einer Reise in eine andere Welt – auch immer ein Besuch der eigenen Vergangenheit. Dieses Mal legt man ein mir unbekanntes Foto vor. Ich erkenne mich sofort und meine Mutter im Hintergrund auf der Baustelle jenes Hauses, in dem ich meine Schulzeit verbringen werde. Neunzehnhundertfünfundachtzig oder neunzehnhundertsechsundachtzig.

    An diesem Ort bin ich lange nicht gewesen. Am Vormittag der Beerdigung meines Großvaters, mit der die Zeit meiner Familie dort endgültig zu Ende ging (genaugenommen war sie bereits zu Ende, da mein Großvater einige Jahre vor seinem Tod in eine andere Stadt gezogen ist, doch sich wünschte, seine letzte Ruhestätte neben meiner Großmutter zu finden) habe ich mein Auto auf dem kleinen öffentlichen Parkplatz abgestellt, den ich als Kind nie wahrgenommen habe. Schräg gegenüber beginnt die Sackgasse, in der mein Elternhaus steht, das seit zwanzig Jahren nicht mehr im Besitz meiner Familie ist.

    Ich bog in den kleinen Trampelpfad hinter dem Haus meiner ehemaligen Nachbarn ein, ging durch den kleinen Wald, dessen Wege mir als Kind endlos breiter vorkamen als an jenem Vormittag. Ich fand den Felsen mit dem Loch, wo wir als Kinder zündelten und an dem ich meine Armhärchen in einer Stichflamme verlor. Über die Straße, hinter dem Sportplatz entlang und über den Zeltplatz hinein in den Wald, in dem wir als Grundschüler im Heimatunterricht Staudämme bauten und Nistkästen aufhängten.

    Die große Spazierrunde meiner Großmutter, die sie viele Jahre lang zurücklegte mit dem Berner Sennenhund meiner Kindheit und schließlich noch viele Jahre allein. Wenn ich oben von „meiner Familie“ spreche, beziehe ich mich auf die Familie, die mich in meiner Kindheit umgab. Von ihr ist niemand mehr übrig als mein Vater und ich.

    Ein schönes Foto. Mit meiner Mutter im Hintergrund. Sie ist bereits mehr als sechs Jahre tot. Manche Fotografien wirken wie Zeitmaschinen. Und wenn ich mich darauf einlasse kann ich es immer noch spüren.

  • Als ich heute vor dreiundzwanzig Jahren mit dem Bloggen begann, registrierte ich mich bei LiveJournal. Mein letzter Beitrag auf dieser Plattform stammt aus dem Dezember 2016, die seit 2004 jedoch nur noch als „Backup“ bespielt habe.

    Relativ schnell bin ich auf einen eigenen Server umgezogen und wählte WordPress als Plattform, um meine Gedanken zu veröffentlichen. Das war mehr oder weniger schmerzhaft, was nicht an der Pflege des Servers lag (den ich bzw. wir in ähnlicher Weise noch heute betreiben), sondern vor allem an WordPress selbst.

    Als meine Zeit (besser: Bereitschaft) zum Bloggen weniger wurde, was man an den Abständen zwischen den Beiträgen gut erkennen konnte, war ich auch nicht mehr bereit, WordPress in Sachen Security-Updates hinterherzulaufen. Außerdem schien mir Die Software abzugleiten in Richtung Kompexlitätsmonster.

    Da ich derlei Dinge nicht wirtschaftlich betrachten muss oder will, fing ich an, einen Generator für statische HTML-Seiten zu schreiben, der seitdem diese Webseite erzeugt, mein Blog. Hier bremsen weder serverseitige Magie noch Tracking- oder Analysetools für das Nutzerverhalten im Blog. Ich weiß nicht, ob diese Texte hier jemand liest, was mich wundersam frei macht in meinen Gedanken. Leider ist die Kommentarfunktion deswegen nicht mehr vorhanden, aber wer mich erreichen mag, kann dies gern über Mastodon oder eMail (ich bekomme und beantworte wirklich gerne eMails). Dafür kann jeder zuhause betriebene Raspberry Pi diese Seite betreiben.

    Warum ich das schreibe? Weil ich den Quellcode auf GitHub veröffentlicht habe: pylive auf GitHub

    Wenn ich irgendwann (in 19 Jahren?) wieder mehr Zeit damit verbringe, zu programmieren, dann schreibe ich alles noch einmal neu. Natürlich in Rust.

     

  • Ich würde mich nicht als Keyboard-Nerd bezeichnen. Mein Bezugspunkt sind Menschen rund um den Click Clack Hack!-Podcast, die bis zur Hutkrempe im Kaninchenbau sitzen, die ihre Tastaturen nicht nur selbst bauen, sondern auch – samt Keycaps – selbst entwerfen.

    In dieser Sache sah und sehe ich mich noch immer eher als Anwender: Ich möchte einfach eine sehr gute Tastatur, weil sie das Hauptinterface zu dem Computer darstellt, an dem ich viele Stunden pro Tag verbringe. Um einen Freund sinngemäß zu zitieren: Ich wollte kein neues Hobby, ich wollte nur eine gute Tastatur.

    Er erwehre mich seitdem jenem Sog, der einen erfasst, wenn man versucht herauszufinden, was man eigentlich möchte, so gut es eben geht. An manchen Tagen gelingt mir das besser als an anderen. Heute kommen neue Keyboard Switches.

    Ich liebe die (clicky) Cherry MX Blue, aber ich hatte schon Kollegen aus einem der Nachbarbüros in meinem stehen mit der Frage, ob ich meinen Bürokollegen nicht nerve. Und ehrlich: An den MX Blue gefällt mir allein das Tippgefühl, den Klang finde ich schrecklich. Nur habe ich bislang noch keinen taktilen Switch gefunden, der sich ähnlich gut anfühlt. Noch.

    Ich sehe jene Investition als eine in meine persönliche zukünftige Gesundheit. Auf verschiedenen Ebenen.

  • Vor ein paar Tagen wurde die 270. Folge des Freakshow-Podcasts veröffentlicht. Darin war Hans Hübner zu Gast, einer jener Menschen, die ich um ihre frühe Geburt beneide.

    Hans Hübner ist etwa zehn Jahre älter als ich und während ich Mitte der Neunzehnhundertneunziger Jahre mein folgenschweres Kennenlernen mit einem Modem hatte, war er bereits seit zehn Jahren in den Datennetzen unterwegs. Was müssen das für Zeiten gewesen sein!

    Vermutlich 1994 erzählte mir ein Schulfreund, dass er einen neuen Computer habe – einen Pentium 60 in einem von Colani designten Tower-Gehäuse von Vobis (Seite 3). Mit diesem Rechner kam ein entsprechender Monitor und ein 14.400 Baud schnelles Modem. Ich erinnere mich, dass ich ihm im Laufe des Abends, an dem ich mir seinen Computer ansehen durfte, zehn Mark für die entstandenen Telefonkosten gegeben habe, die für die Verbindung zur Vobis-Mailbox angefallen sind, an der sich 40 (in Worten: vierzig) Nutzer gleichzeitig anmelden konnten. Ich kann die Telefonnummer nach beinahe 30 Jahren noch auswendig: 02405 94047. Wenig später kaufte ich für 400,- Mark mein erstes eigenes Modem, ein Elsa Microlink 28.8TQV.

    In der Zeit danach betrieb ich eine eigene Mailbox mit leider nur einer einzigen gleichzeitigen Einwahlmöglichkeit. Hin und wieder schreckte ich wegen des „SysOp-Rufs“ hoch, den eingewählte Nutzer auslösten, um mit mir zu chatten. Das FidoNet habe ich damals nur am Rande wahrgenommen, erst später habe ich verstanden, was ich damit verpasste.

    Als ein Freund 1996 von seinem Austauschjahr aus den USA zurückkam und erzählte, dass seine Gastfamilie einen AOL-Internetanschluss besäße, ging ich meinen Eltern lange genug auf die Nerven, dass auch wir einen solchen bald zu Hause zur Verfügung hatten. Neben der begeisterten Schilderung meines Freundes war sicher hilfreich, dass AOL die Haushalte damals mit CDs geflutet hat, auf denen die Zugangssoftware verteilt wurde.

    Im Jahr 2000 begann ich mein Studium in Frankfurt am Main. Weil ich keinen Internetanschluss in meiner Wohnung hatte, war ich auf das Universitätsrechenzentrum und die ZIP-Drives in den dortigen Computern angewiesen, mit denen ich 100 MB pro Diskette zwischen meiner Wohnung und dem Internet transportieren konnte: Ich plante also vorab, was ich herunterladen wollte, ging in einen der Computersäle, lud die Dokumente und Dateien in, für damalige Verhältnisse, aberwitziger Geschwindigkeit herunter, speicherte sie auf einer meiner beiden ZIP-Disketten und sichtete das Material anschließend zu Hause.

    Nach meinem Wechsel des Studiums, der Universität und der Wohnung, trat mit dem eigenen Internetanschluss und einem – hauptsächlich von meinem damaligen Mitbewohner – in der dortigen Linux User Group organisierten Power-PC-basierten Router das IRC in mein Leben; aus dieser Zeit sind einige Freundschaften erhalten.

    Seit dieser Zeit und heute liegen beinahe zwanzig Jahre. Diese kommen mir längst nicht so intensiv vor wie die zehn Jahre davor. Hauptsächlich liegt das sicher an jener Zeit meines Lebens, in der ich mehr Freiheiten hatte für solche Dinge, und an meinem Informatikstudium, während dem ich mich (von Berufs wegen!) austoben konnte in diesem Bereich. Aber eben nicht nur.

    Ich denke hin und wieder wehmütig zurück, an die Gespräche im IRC, an die Soft-, aber hautpsächlich die Hardware dieser Tage. Ich weiß selbst, dass früher nicht alles besser gewesen ist, dass man rückblickend verklärt.

    Vielleicht liegt es an meinem Alter, denn heute bin ich einer der Alten. Nicht so alt wie Hans Hübner vielleicht, doch Dinosaurier genug, um sagen zu können, dass es Dinge gibt, die mir damals besser gefielen und die ich heute vermisse. Dinge, die ich meinen Kindern gerne irgendwie zeigen und vermitteln würde. Die Dinge hinter Snapchat und hinter BlueSky.

  • Als wir dieses Wochenende auf einem (von einem atemberaubend schnell durch den Wald fahrenen Traktor gezogenen) Anhänger kauerten, stimmte ein Teil jener Gruppe von Kindern, mit denen ich dort war, einem ein Fußball-Fan-Gesang gleichendes „Süddeutschland!“ an. Sie trugen Fußballtrikots der deutschen Fußballnationalmannschaft.

    Ich frage mich seit langer Zeit, warum ich mit Nationalstolz, Heimatliebe und Fußball so wenig anfangen kann. Ich wundere mich; einen Anlass hatte ich keinen: Aus gutem Hause stammend und auf der Sonnenseite des Lebens aufgewachsen, wie mein gesamter Freundeskreis damals auf dem Land. Wir hatten den Gratismut, „Nazis raus“ zu rufen, aber wir meinten es ernst.

    Ich habe jedes Mal ein sehr unangenehmes Gefühl im Magen, wenn etwas solches geschieht. Daher gehe ich nicht in Fußballstadien, daher sitze ich mich schämend auf Anhängerladeflächen. Ich kann nicht verstehen, dass jemand vom Fußball behauptet, es ginge allein um den Sport, Fangesänge und Tribünenbesucher toleriert und gleichzeitig (und zurecht) jene Menschen verurteilt, die neben Nazis auf Impfgegnerdemonstrationen marschieren. Wie es für mich jedwede Demonstrationen mit Nazibeteiligung unmöglich macht, macht es für mich den Sport Fußball unmöglich.

    Ich finde furchtbar, was Bayern auf sich hält, wie ich furchtbar fand, was Hessen auf sich hielt, als ich noch dort lebte. Ich finde schlimm, wenn jemand „Süddeutschland!“ ruft.

    Aiwanger hat Glück gehabt, dass vielen die Heimatliebe und das Bier lieber sind als alles andere.

    Wo auf den Flugblättern stand, dass der Hauptgewinn sei, Juden in Auschwitz zu vergasen. Ich finde, ihr hättet um eurer Glaubwürdigkeit willen und eures moralischen Rosses wegen, Tag und Nacht vor der bayerischen Staatskanzlei Mahnwache stehen müssen, bis sie alle abtreten. Stattdessen sucht ihr in Bayern gerade die Öffnung in euren Köpfen, um euch das Bier reinzuschütten. Eben rasch »Freiflug durch den Schornstein in Auschwitz« und »kostenloser Genickschuss«, dann werden die Wadeln in die Strümpf gestopft und es wird besinnungslos gesoffen. Das Leben geht weiter. So praktiziert ihr es seit Mai ’45.

    Dieser Text hat mich sehr getroffen und resoniert in mir unangenehm stark. Vielleicht habe ich endlich einen Hinweis gefunden für mein Bauchgefühl.

    Ich würde mich schämen, wenn ich später auf die Frage „Wo bist Du gewesen, als alles begann?“ antworten müsste: „Im Fanblock.“

  • Draußen regnet es Bindfäden, waagrechte Bindfäden, da der Wind diesem Sommerwetter in nichts nachstehen mag. Das gibt mir immerhin die Möglichkeit, etwas an meiner Software zu arbeiten, mit der ich zukünftig meine Texte veröffentlichen möchte.

    Die Datenstruktur der Zukunft heißt Blogchain!

    Es macht Spaß, vor sich hin zu programmieren; wahrscheinlich lenke ich mich damit von der Tatsache ab, dass Ende letzter Woche zwei Freunde einen alten Bauernschrank abgeholt haben, den ich seit Kindheitstagen als Kleiderschrank verwendet habe. Viele der Schrammen und Macken haben eine Geschichte, die ich noch erzählen kann. Jetzt steht dieser Schrank in der Wohnung einer Familie mit drei Kindern, die dringend einen Kleiderschrank suchten.

    Ich dachte, dass ich mich mittlerweile einfacher von Dingen trennen könnte. Ich dachte wirklich, ich habe das endlich gelernt. Am Freitag Abend blieb ich extra lange im Büro, um mich der Situation zu entziehen.

    Ich bin noch immer ein Kind. Nur heute eines ohne Schrank.

  • Es ist einige Zeit her, dass ich meine alte WordPress-Installation und meine auf PHP basierende Webseite durch eine einzelne statische HTML-Datei ersetzt habe.

    Ebenso lange vermisse ich mein Blog. Ich habe meine Webseite nicht neu erstellt, weil ich nicht mehr bloggen wollte; dies hatte ausschließlich technische Gründe. Die Aussicht auf die Installation eines neuen Servers und auf die Fingerübung, ein eigenes Tool zur Erstellung und Veröffentlichung (m)einer (neuen) Seite zu schreiben, hatten mich motiviert, WordPress abzuschalten, lange bevor ich eine neue Möglichkeit hatte, Texte auf meine Webseite zu stellen.

    Ich wurde von einer Zeitknappheit überrascht, die all dies weiter in die Länge gezogen hat, als es ursprünglich geplant war.

    Es wird vielleicht knarzen, möglicherweise ist sogar etwas kaputt. Das allerdings gehört zum Bauen dazu. Es wird Neues geben. Ich habe Pläne. Nur Zeit habe ich keine.